Radvanec
(Rodowitz)
Radvanec (Rodowitz) ist ein langgestrecktes Dorf, das am Oberlauf des Baches Dobranovský potok (Rodowitzer Bach) etwa 1,5 km nördlich von Sloup (Bürgstein) und 3,5 km südwestlich von Cvikov (Zwickau i.B.) liegt. Zu ihm gehört auch die Siedlung Maxov (Maxdorf), mit der sie am 1. Januar 2014 insgesamt 168 Einwohner zählte.
Historie
Häuser im zentralen Teil des Dorfes. Im Hintergrund ist der Berg Klíč (Kleis) zu sehen.
Foto: Jiří Kühn.
Das Dorf wurde an der alten Leipaer-Straße gegründet, die aus dem böhmischen Hinterland über Česká Lípa (Böhmisch Leipa), Sloup und Cvikov nach Zittau führte. Die erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 1384. Der Name leitet sich von seinem Gründer ab, der Radovan oder Radvaněk genannt wurde. In späterer Zeit wurde jedoch der deutsche Name Rodowitz gebräuchlich. Das Dorf gehörte zur Herrschaft Sloup und hatte von Anfang an einen eigenen Erbrichter, dessen Amt von der Familie Hufnagel, den Besitzern des größten Hofes am südlichen Ende des Dorfes, vererbt wurde. Der erste dokumentierte Erbrichter war Georg Hufnagel im Jahr 1641.
Im Jahre 1680 wurde ein Großteil Böhmens von einer Pestepidemie heimgesucht, an deren Folgen zwei Familien in Radvanec ausgestorben sein sollen. Im selben Jahr brach ein Bauernaufstand aus, an dem sich die hiesigen Untertanen aber nicht nennenswert beteiligten, weil die Verhältnisse auf der Herrschaft Sloup unter den Hroznata von Kokořov erträglicher waren als auf den umliegenden Herrschaften. Im Jahre 1695 gab es in Radvanec 17 Bauern, 21 Hausbesitzer und Häusler. Neben der Landwirtschaft verbreiteten sich der Flachsanbau, die Leinenweberei und Ende des 17. Jahrhunderts auch die Heimarbeit in der Glasveredelung.
Die Gasse bei der Kapelle des hl. Antonius von Padua.
Foto: Jiří Kühn.
Im Jahre 1710 kaufte die Familie Kinský das Gut Sloup, das bis zur Reform der Staatsverwaltung nach 1848 in ihrem Besitz blieb. Im Jahr 1720 musste der örtliche Amtmann Wenzel Hufnagel das verschuldete Anwesen an die Obrigkeit verkaufen, die es zu einem Gutshaus umbaute. Als Josef Johann Maxmilián Kinský im Jahre 1726 die Herrschaft übernahm, begann er die Entwicklung des Heim- und Manufakturhandwerks zu fördern und gründete in einigen Dörfern Spinnereien. Er kaufte Leinen von seinen Untertanen und verkaufte es nicht nur nach Sachsen, sondern auch auf weiter entfernte Märkte in England, Spanien, Deutschland und Italien. Da der Gutshof Radvanec nicht viel Geld einbrachte, gab Graf Kinský ihn 1738 auf und gründete auf seinem Grund und Boden die Siedlung Maxov. Er teilte die Felder des Gutes in 12 Parzellen für neue Bauern auf und verkaufte die restlichen kleinen Grundstücke an Weber zum Bau von Häusern. Das Hauptgebäude des aufgelösten Meierhofs wurde vom Richter Christoph Hansel gekauft und ging später in den Besitz von Anton Teifel über, der dort ein Kattun-Manufaktur einrichtete.
Ursprünglich gab es nur eine Schule in Sloup. Nach der Schulreform von Maria Theresia begann man in Radvanec, die Schüler in verschiedenen Privathäusern zu unterrichten. Als das alte hölzerne Pfarrhaus von Sloup abgerissen wurde, kaufte die Gemeinde das noch verwendbares Holz und erbaute im Jahr 1787 ein eigenes Schulgebäude. Die Einheimischen gingen auch in die Kirche in Sloup. Ursprünglich gab es im Dorf nur einen hölzernen Glockenturm, der 1752 und 1787 restauriert wurde. 1801 baute der Kaufmann Anton Mücke aus Maxov die Kapelle des heiligen Antonius von Padua, die 1819 geweiht wurde.
Das Zentrum des Dorfes mit dem Teich, dem Gebäude der ehemaligen Mühle und der Kapelle des Hl. Antonius im Hintergrund.
Foto: Jiří Kühn.
Während der napoleonischen Kriege wurden die Einwohner vor allem vom Durchzug und der Unterbringung der Truppen belastet. Ende August 1813 drangen die Feinde auch ins Umland ein, wo es zu Zusammenstößen zwischen polnischen Hulanen und Patrouillen österreichischer Husaren kam. Ein solches Scharmützel fand in den Wiesen bei Maxov statt. In der zweiten Septemberhälfte zogen russische Regimenter über Nordböhmen in Richtung Leipzig, nachdem die Vorräte für den bevorstehenden Winter vollständig aufgebraucht waren. Im Sommer 1832 wurde das Dorf von der Cholera heimgesucht, die 11 Opfer forderte.
Im Jahre 1833 hatte Radvanec 98 Häuser mit 650 Einwohnern. Im Dorf gab es 3 Baumwoll- und Leinenmanufakturen. Es arbeiteten 19 Weber im Dorf. Im Jahr 1850 wurde die Reform der staatlichen Verwaltung abgeschlossen, welche die Grundbesitze der Oberschicht abschaffte. Am 23. August fanden in Radvanec die ersten Gemeindewahlen statt. Da die alte Schule für die wachsende Zahl der Kinder nicht mehr ausreichte, musste für die neu eröffnete zweite Klasse ab 1873 ein Raum in einem anderen Haus angemietet werden. Die Gemeinde beschloss daher, die verlassene Teifelsche Manufaktur zu kaufen und in eine Schule umzubauen, die am 18. Oktober 1881 eingeweiht wurde. Nach der Fertigstellung der kaiserlichen Straße von Česká Lípa über Bor (Haida) nach Rumburk (Rumburg) blieb Radvanec abseits der Hauptstraßen. In den Jahren 1896-1897 wurde eine Straße von Sloup ins Dorf gebaut, der ein Jahr später eine kurze Verbindung nach Maxov folgte. Die Straße nach Nový Bor wurde erst am 9. September 1908 fertiggestellt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte Radvanec 113 Häuser und 594 Einwohner, die ihren Lebensunterhalt mit Landwirtschaft und Kleinhandwerk oder mit der Arbeit in den nahe gelegenen Fabriken verdienten. Es gab mehr als 20 Bauern im Dorf und neben dem Sägewerk gab es auch eine Getreidemühle, eine Glasschleiferei, ein Spiegelgeschäft von Franz Langer und Angermanns Fabrik für Leinen- und Baumwollwaren. Zu dieser Zeit war die Heimweberei praktisch verschwunden, aber einige Glasgraveure und -maler arbeiteten noch in ihren Heimwerkstätten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sank die Einwohnerzahl unter 300. Die sich verschlechternden Lebensbedingungen führten zu einer allmählichen Abwanderung in größere Städte und Dörfer. Radvanec und Maxov wurden deshalb 1960 Sloup angegliedert. Zusammen mit Sloup wurden sie 1981 nach Nový Bor eingemeindet. Zu dieser Zeit entwickelte sich der Tourismus und neben privaten Wohn- und Wochenendhäusern entstanden mehrere große betriebliche Ferieneinrichtungen. Seit dem 1. Januar 1993 ist Radvanec wieder eine selbständige Gemeinde.
Denkmäler und Merkwürdigkeiten
Die Straße nach Maxov (Maxdorf) mit einer Brücke und einer Statue des Heiligen Johannes von Nepomuk. Im Hintergrund ist das Gebäude des ehemaligen Hufnagel-Hofes zu sehen.
Foto: Jiří Kühn.
Das bedeutendste Gebäude in Radvanec (Rodowitz) war früher das Bauernhaus Hufnagel, das am südlichen Rand des Dorfes an der Straße nach Maxov (Maxdorf). Es wurde auch als Gastwirtschaft an der alten Leipaer Straße genutzt, wovon Reste von Steinrinnen und Pferdeanbinderingen im Erdgeschoss des Gebäudes oder verschiedene Münzen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zeugen, die bei der Aushebung eines Schachtes nach dem Zweiten Weltkrieg gefunden wurden. Im Jahre 1720 verkaufte Wenzel Hufnagel den Hof an die Familie Kinsky, die ihn in ein Herrenhaus umwandelte, das bis 1737 von dem Schaffner (Gutsverwalter) Josef Haußer verwaltet wurde. Im Jahre 1738 löste jedoch Graf Kinský den unrentablen Meierhof auf. Das Hauptgebäude wurde vom Gemeindevorsteher Christoph Hansel gekauft. Später ging es in den Besitz des Fabrikanten Anton Teifel über, der darin ein Kartonagengeschäft einrichtete. 1881 kaufte es die Gemeinde und baute es zu einer Schule um, die am 18. Oktober desselben Jahres eingeweiht wurde. Das Gebäude wurde später um ein Stockwerk erweitert und wurde bis in die 1960er Jahre für den Unterricht genutzt, dann wurde es aufgrund der geringen Kinderzahl geschlossen.
Nach dem Jahr 2000 wurde ein Dorfplatz mit einem Teich und Bänken im Zentrum des Dorfes angelegt. 2004 wurde neben dem Gasthaus eine kleine Säule mit einem Bild des Heiligen Antonius aufgestellt und die „Linde der Verständigung“ gepflanzt. Unter dem Felsen südlich des Gasthauses befindet sich ein alter Mühlgraben, an dem ein kleines Amphitheater und ein Kinderspielplatz angelegt wurden. Auch die Rekonstruktion der alten Fachwerkmühle Nr. 77 vom Anfang des 18. Jahrhunderts wurde begonnen, aber leider nicht abgeschlossen.
Gemeindeamt mit einer dazugehörigen Gaststätte.
Foto: Jiří Kühn.
Relief von Christus am Kreuz im Dorf am Fuße des Hügels Pomahačův vrch (Wacheberg).
Foto: Jiří Kühn.
Kapelle des Hl. Antonius von Padua.
Foto: Jiří Kühn.
An der Straße oberhalb der Mühle steht die Kapelle des heiligen Antonius von Padua, die im Jahre 1801 vom gebürtigen Maxover Glashändler Anton Mücke gestiftet wurde. Der Rohbau wurde noch im selben Jahr fertiggestellt, aber das Innere der Kapelle wurde erst nach dem Ende der napoleonischen Kriege im Jahr 1818 eingerichtet und im darauffolgenden Jahr durch den Erzdechanten von Horni Police (Ober Politz), Ignaz Jaksch, eingeweiht. Das rechteckige Gebäude mit einem fünfeckigen Presbyterium hat ein Türmchen auf dem Dach. Seine Fassade ist mit einer Nische und der Statue des Heiligen Antonius geschmückt.
Etwa 200 m nördlich des Gasthauses findet man ein in den Fels gehauenes Relief von Christus am Kreuz. Ein etwas größeres Relief mit dem Motiv des Kalvarienbergs befindet sich an der alten Straße am nördlichen Ende des Dorfes unterhalb der heutigen Straße zum Údolí samoty (Tal der Einsamkeit). Am Eingang des Tals steht ein ehemaliges gräfliches Jagdhaus aus dem Jahr 1836. Es gibt weitere erhaltene Kreuze im Dorf, die nach 2000 renoviert wurden. Am 11. September 2009 wurde an der Steinbrücke an der Straße nach Maxov eine Nachbildung der Statue des heiligen Johannes von Nepomuk aus der Mitte des 18. Jahrhunderts aufgestellt, die von dem Stuckateur Václav Žák angefertigt wurde. Sie wurde der Gemeinde von Libuše Žáková aus Horní Polubný (Ober Polaun) gestiftet und am 23. Mai 2010 eingeweiht.
Relief des Kalvarienbergs an der alten Straße zum Údolí samoty (Tal der Einsamkeit).
Foto: Jiří Kühn.
Die Statue des heiligen Johannes von Nepomuk bei der Brücke am südlichen Rand des Dorfes.
Foto: Jiří Kühn.
Bedeutende Landsleute und Persönlichkeiten
Einer der bedeutendsten Radvanecer Bürger war der Glashändler Ludwig Gerthner (1724-1800), der zusammen mit Wenzel Ostritz aus Chomouty (Komt) im Jahre 1754 in Amsterdam ein Geschäft gründete, dessen Leiter später Josef Johann Hansel aus Maxov wurde. Von dort stammt auch der bedeutende Glasgraveur Anton Hoffmann (1799-1889), der später das florierende Geschäft seines Bruders Franz in Stralsund an der Ostsee übernahm.
Sehenswürdigkeiten in der Umgebung
Westlich von Radvanec befindet sich die Glasstadt Nový Bor und südlich liegt die Sommerfrische Sloup mit der viel besuchten Felsenburg und dem Freibad am Radvanecký rybník (Brettteich). Südöstlich davon befindet sich ein touristisch interessantes Felsengebiet, das über mehrere Wanderwege erreichbar ist. In Richtung Pihel (Pihl) und Chomouty (Komt) befindet sich der Cikánský důl (Zigeunergrund) mit zwei Höhlen, und an der Straße nach Svojkov (Schwoika) findet man ein Waldtheater und die Höhle Psí kostel (Hundskirche). Etwas oberhalb von Sloup befindet sich die Samuelova jeskyně (Samuelshöhle) und ein Felssporn mit dem Aussichtsturm Na Stráži (Wachstein), von dem aus der malerische Hraběcí stezka (Grafensteig) in die Felsenstadt oberhalb des Liščí díra (Fuchsloch) führt. Weiter östlich liegt das Konvalinkový důl (Zaukengrund) mit der massiven Švédská stěna (Schwedenwand) und dem Klettergebiet der Sloupské skály (Bürgsteiner Schweiz). Auf der südöstlichen Seite des Slavíček (Slabitschken) befindet sich der romantische Modlivý důl (Betgraben) mit einer Felsenkapelle. Darüber erhebt sich der bewaldete Tisový vrch (Eibenberg) mit einem Ausläufer der Svojkovské skály (Schwoikaer Felsen), der steile Kletterwände und schöne Aussichten auf die Region bietet. Am Fuße der Felsen liegt Svojkov (Schwoika) mit den Überresten einer kleinen Felsenburg. Östlich von Radvanec liegt der Pomahačův vrch (Wacheberg) mit der Siedlung Maxov. Dahinter erhebt sich der massive kuppelförmige Ortel (Urteilsberg), der in Richtung Lindava (Lindenau) in das Tal der Svitávka (Zwittebach) abfällt. Im Norden führen Wege von Radvanec vorbei an den Havraní skály (Rabensteine) nach Nový Bor und dem Klíč (Kleis) mit einem schönen Rundblick oder durch das romantische Údolí samoty unterhalb des Strážný (Wachberg), Chudý vrch (Stolleberg) und Hrouda (Balleberg) nach Cvikov.