Rousínov
(Morgentau)

Blockhaus in der Mitte des Dorfes. Im Hintergrund ist die ehemalige Mühle zu sehen.
Foto: Jiří Kühn.
Rousínov ist ein malerischer, überwiegend zu Erholungszwecken genutzter Ort, der im Tal des Boberský-Baches (Woberbach) etwa 3 km nordwestlich von Cvikov (Zwickau) und 1,5 km nördlich von Svor (Röhrsdorf) liegt, zu dem er heute gehört. Erstmals schriftlich erwähnt wurde er 1612. Laut lokaler Überlieferung stand schon lange zuvor an der Mündung des Kohoutí- (Hahnelbach) und Boberský-Baches eine herrschaftliche Sägemühle, die Holz für den Hausbau in Cvikov lieferte. In den unruhigen Kriegszeiten wurde die Sägemühle jedoch aufgegeben und verfiel. Erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts ließ der Besitzer des Gutshofs in Zákupy (Reichstadt) das abgeholzte Tal in Parzellen für acht Kleinbauern und zwei Häusler aufteilen, die offenbar aus dem benachbarten Svor hierher gekommen waren. Die Siedlung wurde Morgenthau genannt und erhielt nach dem Zweiten Weltkrieg den tschechischen Namen Rousínov.
Da es hier keinen fruchtbaren Boden gab, lebten die Einwohner hauptsächlich von der Arbeit im Wald. Neben den Waldarbeitern und Holzfällern gab es auch Köhler und Harzer, andere arbeiteten bei den Fuhrleuten in Svor oder bei Handwerkern in Cvikov. Im Jahr 1706 wurde im Dorf die Getreidemühle Nr. 19 gebaut, die 1795 von Johann Josef Jarisch umgebaut wurde. Im Jahr 1771 wurden in Rousínov 41 bewohnte Häuser gezählt, deren Bewohner sich in späteren Jahren auf das Schleifen von Glas spezialisierten. Die älteste Schleiferei soll bereits 1710 hier eingerichtet worden sein, was jedoch in schriftlichen Quellen nicht bestätigt ist. Die erste nachgewiesene Glasperlenschleiferei wurde 1784 von Anton Hahnel aus Radvanec (Rodowitz) im Haus Nr. 23 gegründet. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts entstanden drei weitere Schleifereien in den Häusern Nr. 45, 47 und 50. Sie wurden meist von Schleifern aus den Glasergemeinden in der Umgebung von Falknov (Falkenau) oder Polevsko (Blottendorf) gegründet. Dank ihnen lebten zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Rousínov etwa 50 Schleifer vom Schleifen von Perlen oder Gebrauchsglas.

Blick auf die Häuser im unteren Teil des Dorfes vom Milíř-Kamm (Riegel-Kamm) aus. Im Hintergrund ist der Velký Buk (Grosser Buchberg) zu sehen.
Foto: Jiří Kühn.
Während der Napoleonischen Kriege im Jahr 1813 errichtete die französische Armee auf einer Anhöhe zwischen Svor und Rousínov ein Lager, in dem sie etwa sechs Wochen lang blieb und in beiden Dörfern hohe Abgaben forderte. Die Viehbesitzer versteckten sich deshalb in den Wäldern, um ihre Tiere nicht zu verlieren. Damals wurden 26 Männer aus Rousínov zur Armee eingezogen, aber keiner von ihnen kehrte nach Hause zurück. Im Jahr 1834 hatte Rousínov 43 Häuser, in denen 319 Einwohner lebten. Bis 1848 stieg die Zahl der Häuser auf 56. Ein Jahr später wurde hier ein Glockenturm errichtet.
Im Jahr 1848 erfasste eine revolutionäre Welle Europa. Im Zuge der darauf folgenden Verwaltungsreform wurden die Grundherrschaften abgeschafft und selbstverwaltete Gemeinden gegründet. In Rousínov wurde damals das Amt des Richters abgeschafft und die Siedlung wurde an Svor angegliedert. Im Jahr 1850 brach in dem Dorf die Cholera aus, die vier Menschenleben forderte. Seitdem fand jedes Jahr am 10. August eine Prozession zur Kirche in Cvikov und zum Křížový vrch (Kreuzberg) statt. Im Jahr 1861 breitete sich hier Typhus aus, an dem 13 Menschen starben. Im Jahr 1864 wurde die Gemeindestraße fertiggestellt, die von Cvikov über Martinovo Údolí (Martinstal) nach Rousínov und weiter zur Kaiserstraße führte.

Haus mit Umgebinde und Fachwerkgeschoss in der Mitte des Dorfes.
Foto: Jiří Kühn.
Im Juni 1866 brach erneut ein preußisch-österreichischer Krieg aus. Preußische Soldaten lagerten auf einer Anhöhe zwischen Svor und Rousínov und requirierten im Dorf Lebensmittel, Holz und Heu für ihre Pferde. Nach dem Krieg begann der Bau einer Eisenbahnstrecke von Česká Lípa (Böhmisch Leipa) über Svor nach Rumburk (Rumburg), die jedoch nur den oberen Teil der Siedlung berührte. Der Betrieb wurde am 16. Januar 1869 aufgenommen. Rousínov hatte damals 60 Häuser und erreichte mit 520 Einwohnern seine höchste Einwohnerzahl. Im Dorf entstanden weitere Schleifereien, von denen die größeren später von bedeutenden Glasfirmen aus dem nahe gelegenen Bor gekauft und modernisiert wurden. Die größte Schleiferei war die „Rotmühle” am oberen Ende des Dorfes, die 1873 von der Firma Vogelsang Söhne aus Bor umgebaut und erweitert wurde. Im selben Jahr nahm in Svor die Glashütte Tereza ihren Betrieb auf, in der auch Halberzeugnisse für die Glasschleifer aus Rousínov und anderen Dörfern hergestellt wurden.

Häuser im oberen Teil des Dorfes. Im Hintergrund ist der Berg Bouřný (Friedrichsberg) zu sehen.
Foto: Jiří Kühn.
Bereits nach den Napoleonischen Kriegen sollten die Kinder aus Rousínov in einem der Privathäuser unterrichtet werden, später besuchten sie jedoch die Schule in Svor. Nach der Verlängerung der Schulpflicht in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts stieg jedoch die Zahl der Schüler, und da sich die Einwohner von Svor lange Zeit nicht auf den Bau einer neuen Schule einigen konnten, kauften die Einwohner von Rousínov von Josef Hoksch ein Blockhaus am unteren Ende des Dorfes und eröffneten dort nach den notwendigen Umbauten am 6. Mai 1876 ihre eigene Schule. Im Jahr 1888 wurde ein zweiter Raum angebaut, und nach 1891 wurde eine zweite Klasse im Haus Nr. 53 im oberen Teil des Dorfes eröffnet.
Rousínov gehörte zusammen mit Svor zur Pfarrei Cvikov, weshalb die Verstorbenen aus dieser Gegend in Cvikov bei-gesetzt wurden. Um das Jahr 1888 wurde jedoch in Svor ein neuer Friedhof angelegt, der dann auch den Einwohnern von Rousínov diente. Im selben Jahr wurde im Zentrum von Rousínov eine Kapelle errichtet, in die die Glocke aus dem älteren Glockenturm gebracht wurde. Im Dorf wurde auch eine Feuerwache eingerichtet und 1891 wurde hier ein Feuerwehrverein gegründet. Große Schäden verursachten plötzliche Überschwemmungen, von denen die größte Ende Juli 1897 fast alle Brücken wegriss, die Gemeindestraße wegspülte, die Ufer des Baches zerstörte und die Wasserläufe zu den Schleifereien verschüttete.

Denkmalgeschütztes Fachwerkhäuschen der alten Schule Nr. 62 am unteren Ende der Siedlung.
Foto: Jiří Kühn.
Ende des Jahrhunderts reichte die alte Schule für die Kinder nicht mehr aus, weshalb im Zentrum des Dorfes ein neues zweistöckiges Schulgebäude mit zwei Klassenräumen errichtet wurde, das am 1. September 1899 eröffnet wurde. Nach 1900 wurde im Dorf eine Straßenbeleuchtung mit 10 Petroleumlampen installiert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte Rousínov bereits 69 Häuser und 445 Einwohner. Es gab eine Schule und drei Gaststätten, eine Getreidemühle, eine Bleicherei, 11 Glasschleifereien und zwei Holzfaserfabriken. Im Jahr 1906 gründete Karl Rösler aus Prácheň im unteren Teil des Dorfes eine Fabrik für Glasfarben, die jedoch nur bis Anfang der 1920er Jahre in Betrieb war. Da es damals in der Region an Schleifern mangelte, beschloss die Firma Valentin & Söhne, die die Schleiferei Rotmühle betrieb, dieses Problem durch die Anwerbung von Arbeitskräften im tschechischen Landesinneren zu lösen. So kamen tschechische und mährische Glaser nach Rousínov, die im oberen Teil des Dorfes ein kleines tschechisches Viertel gründeten. Am 1. Februar 1922 wurde in der örtlichen Schule auch eine tschechische Klasse eröffnet. Um 1920 wurde die Gemeinde an das Stromnetz angeschlossen.1936 wurde hier eine Wasserversorgung gebaut. Die vielversprechende Entwicklung wurde jedoch in den 1930er Jahren durch die Wirtschaftskrise beendet, in deren Verlauf der Betrieb in den meisten Schleifereien eingestellt wurde und viele Menschen ihre Arbeit verloren.
Noch 1939 lebten in Rousínov 375 Einwohner. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Mehrheit der Deutschen ver-trieben und die Einwohnerzahl sank. Der Betrieb wurde nur in einigen Schleifereien wieder aufgenommen, die später im Unternehmen Borocrystal zusammengeschlossen wurden. Als sich die Glasschleiferei 1952 auf große Unternehmen in Nový Bor und Kamenický Šenov (Steinschönau) konzentrierte, verschwanden die Heimwerkstätten in den Dörfern. Die Schule in Rousínov bestand bis 1962, als sie aufgrund der geringen Kinderzahl geschlossen wurde. Das Gebäude diente dann als Erholungszentrum und beherbergt heute die Pension Milštejn. Das Dorf wurde nach und nach zu einem beliebten Erholungsort. Viele verlassene Häuser wurden von Ferienhausbesitzern gekauft und renoviert. Ungenutzte Häuser, darunter die größte Schleiferei Rotmühle, wurden später abgerissen. In den 1960er Jahren wurde auch die Dorf-kapelle zerstört.

Denkmalgeschütztes Fachwerkhäuschen Nr. 39 im oberen Teil des Dorfes.
Foto: Jiří Kühn.
In der Siedlung sind bis heute mehrere volkstümliche Blockhäuser mit Umgebinde erhalten geblieben, die größtenteils aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammen. Unter Denkmalschutz stehen die alte Blockbau-Schule Nr. 62 aus dem Jahr 1865, die an der Kreuzung am unteren Ende des Dorfes steht, sowie die einstöckigen Blockhäuser Nr. 39 und 40 am Hang unterhalb des Pařez (Klötzerberg). Sehr schön ist auch das zweistöckige Fachwerkhaus Nr. 20 in der Nähe der Pension Milštejn. Bei dem Haus Nr. 56 am unteren Ende des Dorfes befindet sich ein Felsenkeller mit der Jahres-zahl 1846. Unter Denkmalschutz steht auch die klassizistische Mühle Nr. 19 in der Mitte des Dorfes. Das Hauptgebäu-de der Mühle wurde 1795 erbaut und ist mit einem neueren Wohn- und Wirtschaftsgebäude sowie einem kurzen Anbau mit Arkaden auf der anderen Seite verbunden. Die Mühle war bis etwa 1935 in Betrieb, wurde aber nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr instand gehalten. 1991 stürzte das Schiefermansardendach des baufälligen Hauptgebäudes ein. Heute wird das Mühlengelände sorgfältig gepflegt und die erhaltenen Mauern des Hauptgebäudes sind konserviert.

Ehemalige Mühle im Zentrum der Siedlung.
Foto: Jiří Kühn.
An der Straße vor der Mühle stand seit 1888 die pseudogotische Kapelle des Heiligen Laurentius mit einem Türmchen. An ihrem Bau waren die Zimmerleute Karl Kunz und Wenzel Gulich beteiligt, den Altar schuf der örtliche Bildhauer August Alber. Nach dem Zweiten Weltkrieg verfiel die Kapelle jedoch und wurde Anfang der 1970er Jahre abgerissen. Heute sind nur noch wenige Mauerreste und der Sockel des Altars erhalten, auf dem seit Herbst 2006 ein Kreuz steht, das früher auf der gegenüberliegenden Straßenseite bei Schneider's Gasthaus stand. Unter den Bäumen bei der Kapelle befindet sich ein Steinmonument für die Opfer des Ersten Weltkriegs aus den 1920er Jahren.
In Rousínov wurden mehrere bedeutende Glasgraveure und -schleifer geboren. Anton Pech (1884–1953) unterrichtete seit 1904 Glasgravur an der Glasfachschule im bayerischen Zwiesel und war darüber hinaus ein hervorragender Land-schaftsmaler, Fotograf und Förderer des Tourismus im Bayerischen Wald. Der talentierte Glasgraveur Heinrich Pech (1893–1990) war in den 1940er Jahren einer der besten Graveure in Nordböhmen, und Emil Rimpler (1911–1999) wurde zu einer bedeutenden Persönlichkeit in Zwiesel, wo er nach dem Zweiten Weltkrieg eine bis heute bestehende Glasfabrik aufbaute.

Überreste der ehemaligen Kapelle inmitten der Siedlung.
Foto: Jiří Kühn.

Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs.
Foto: Jiří Kühn.