Milštejn
(Mühlstein)
Das nördliche Ende des felsigen Grats mit dem höchsten Punkt und einem Felsentor.
Foto: Jiří Kühn.
Das Felsmassiv (562 m) mit den unscheibaren Resten der mittelalterlichen
Burg Milštejn (Mühlstein) liegt in den Wäldern zwischen den Bergen Trávnický
vrch (Glasertberg) und Suchý vrch
(Dürrberg), etwa 4 km nördlich von Cvikov
(Zwickau) und 1 km westlich von Naděje
(Hoffnung). Sein etwa 120 m langer Felsenkamm besteht aus Quarzsandstein,
der wegen seiner großen Härte und Widerstandsfähigkeit von alters her zur Herstellung
von Mühlsteinen und Schleifscheiben verwendet wurde. Am Nordende des Kammes
befindet sich ein etwa 3,5 m hohes und 7 m breites Felsentor, das
wahrscheinlich durch Verwitterung des Felsenmassivs entlang der häufigen Spalten
und durch Absturz der so gelockerten Felsblöcke entstanden ist. Über dem Felsentor
befindet sich noch ein kleineres Fenster. Die massiven Felstürme an beiden Seiten
des Tores wurden früher bergsteigerisch genutzt, heute ist das Klettern im Interesse
des Naturschutzes eingeschränkt worden. Auf dem höheren der beiden Felstürme
war früher auch eine über eine Leiter zugängliche Aussichtsplattform mit Bänken
und einem kleinen Windschutz hergerichtet, von der sich eine reizende Aussicht
nach Osten auf den Hvozd (Hochwald),
Sokol (Falkenberg), Jezevčí
vrch (Limberg) und den weiter entfernten Ještědský hřbet (Jeschkenkamm),
nach Südosten auf den Zelený vrch
(Grünberg), Tlustec (Tolzberg), Ralsko (Roll) und in südlicher Richtung auf
die isolierten Berge der Umgebung von Česká Lípa (Böhmisch Leipa) mit dem Ortel
(Urteilsberg) im Vordergrund und der auffallenden Dominate der beiden Bezděz-Berge
am Horizont darbot. Im Südwesten fielen auf der Vlhošť (Wilhoscht) mit dem Ronov
(Ronberg) und im Westen sah man die waldreichen Berge des Lausitzer Gebirges,
unter denen vor allem der Klíč (Kleis)
und Jedlová (Tannenberg) auffielen.
Auf der kleinen Hoffläche hinter dem Felsentor standen zwei alte Bäume, eine
Buche und ein Ahorn, eine weitere, etwa 400 Jahr alte riesige Buche wuchs auf
einer kleinen Ebene südöstlich der Burg, wo sich der Burgfriedhof befunden haben
sollte. Der etwa 20 m hohe Baum mit einem Stammumfang von 4,5 m wurde
jedoch von einem Holzschwamm befallen und existiert nicht mehr.
Etwa 200 m nordöstlich des Felsentores ist in einem kleinen Tälchen eine Stříbrná
studánka (Silberborn) genannte Quelle eingefasst; früher floss sie in einen
kleinen Teich, von dem sich bis heute noch ein Teil des Dammes erhalten hat.
Fläche am Südende des Bergrückens, die als Burgfriedhof bezeichnet wird. Nach dem Sturmwind vom 24. Mai 2010 ist dieser Ort zur Unkenntlichkeit entstellt.
Foto: Jiří Kühn.
Mauerreste auf der Westseite der Burg.
Foto: Jiří Kühn.
Ungeachtet dessen, daß sich über diese Burg ziemlich viele Nachrichten erhalten
haben, ist ihre Gründung und der Namen ihres Gründers unbekannt. Man kann aber
annehmen, daß sie in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundert die Herren
von Ronov zum Schutze der aus Böhmen über die heutigen Orte Česká Lípa (Böhmisch
Leipa), Sloup (Bürgstein), Cvikov
(Zwickau), Krompach (Krombach) und
Oybin in die Lausitz führende wichtige Handelsstraße erbaut haben. Die älteste
Erwähnung der Burg stammt aus dem Jahr 1343, als die dortige Besatzung zusammen
mit Zittauer Söldnern Meißner Räuber, die in der Umgebung von Zittau und Oybin
geraubt hatten, verfolgt haben.
Der erste historisch nachgewiesene Besitzer der Burg war im Jahr 1362 Jindřich
Berka z Dubé, nach dessen Tode sein ältester Sohn Hynek die Herrschaft übernahm.
Später besaßen Hyneks Söhne Jaroslav und Jindřich die Burg, von denen Jaroslav
schon 1433 gestorben ist. Jindřich gelang es, in den Kriegen der Wartenberger
mit den Lausitzern im Jahre 1454 Böhm. Leipa zu besetzen, und trotzdem er sich
auch später "auf dem Milštejn" schrieb, saß er von da an auf der Burg Lipý.
Der Milštejn verlor dabei aber seine militärische Bedeutung nicht, denn 1456
wurde er in den fortgesetzten Kriegen zwischen den Lausitzern und den Wartenbergern
erobert. Bei der Erbteilung der Wartenberger 1502 kam die Herrschaft Milštejn
an Václav (Wenzel) Berka, der sie aber kurz danach seinem Onkel Petr verkaufte.
Von dessen Söhnen Zikmund und Jiljí kaufte 1532 den Milštejn Zdislav Berka von
Dauba, an den schon früher die Nachbarherrschaft Zákupy (Reichstadt) gekommen
war. Seitdem bildeten Zákupy mit Milštejn eine gemeinsame Herrschaft, deren
Zentrum das 1541 erbaute Renaissanceschloss in Zákupy wurde, weswegen die Bedeutung
des Milštejn allmählich zurückging. Aber noch in den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts
wurde die Burg wahrscheinlich instand gehalten, aber zum Ende dieses Jahrhunderts
war sie offensichtlich schon wüst. Die Berken besaßen die Herrschaft Zákupy-Milštejn,
bis 1612 die bereits verschuldete Herrschaft Jan Novohradský z Kolovrat kaufte.
Damals verfiel die Burg aber schon sehr schnell, im Jahr 1634 wurden ihre Reste
wahrscheinlich von den Schweden unter Marschall Banér vernichtet; den endgültigen
Verfall der Burg beschleunigte dann der wachsende Steinbruchsbetrieb.
Unfertiger Mühlstein im Walde unterhalb der Burg.
Foto: Jiří Kühn.
Wie der Name Mühlstein andeutet, begann der Abbau des Quarzsandteins hier bereits vor dem Bau dieses befestigten Herrensitzes und wurde in seiner unmittelbaren Umgebung höchstwahrscheinlich das ganze Mittelalter hindurch weiter betrieben. Nachdem die Burg verlassen worden war, wurde das Brechen auch auf ihren Untergrund ausgedehnt, der dann später zusammen mit den Resten der Burgruine zum größten Teil abgebaut worden ist. Das Ausmass der Steingewinnung vergrößerte sich 1665-1689 unter dem Herzog Julius Franz von Sachsen-Lauenburg, der auch angeblich einen Teil des großen Burgturmes abtragen ließ, damit die Steinbruchsarbeiter nicht durch das abstürzende Gemäuer gefährdet werden konnten. Der zweite Turm stürzte im November 1726 ein und endlich im Jahr 1793 ließ der Förster von Cvikov Franz Homolka auch die letzten Reste des großen Turmes untergraben und mit Schwarzpulver sprengen. Ein weiterer Anstieg des Abbaues wurde durch seine Industrialisierung nach dem Jahr 1893 verursacht, als die Brüder Israel aus Dresden der Steinbruch gepachtet hatten. In der Sommersaison sollen damals bis zu 100 Steinbrecher hier gearbeitet haben. Da durch Schießpulver das Gestein zu stark gestört wurde, wurde es von Hand mit eisernen Keilen gewonnen und grob im Bruch selbst auf der großen Terrasse, auf der auch eine Ausschank-Baude stand, bearbeitet. Zur endgültigen Formgebung wurden die Rohlinge in die Fabrik in das nahe Naděje (Hoffnung) befördert. Jährlich wurden hier bis zu 600 Mühlsteine hergestellt, die zum größten Teil nach Russland, Deutschland und Skandinavien ausgeführt wurden. Dem Steinbruchbetrieb dienten auch die verschiedenen unterirdischen Höhlungen und an den Felsen angebaute Schutzdächer, im Wald an der Ostseite sind bis heute die Grundmauern des ehemaligen Pulverhäuschens sichtbar. Bei der Arbeit wurden oftmals alte Hufeisen, Bruchteile von Waffen, Werkzeugen und Pfeilspitzen gefunden, die meistens in das Burgmuseum in Oybin gelangten. Erst 1910 wurde der Abbau eingestellt, als man den geeigneten Rohstoff vollständig verarbeitet hatte. Einige Mühlstein-Rohlinge sind bis heute in der nahen Umgebung liegen geblieben.
Erhaltener Teil der Befestigung an der Westseite der Burg. Im Einschnitt links befand sich früher das Burgtor.
Foto: Jiří Kühn.
Das frühere Aussehen der Burg lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Sie stand
wahrscheinlich auf zwei parallelen Felsgraten, deren östlicher nach dem Verlassen
der Burg zum größten Teil abgebaut worden ist. Der Zugang zur Burg war aus dem
Westen, wo vielleicht eine nur durch einen Holzzaun geschützte Vorburg stand.
Die eigentliche Burg wurde von einer 2 m starken Mauer mit einem Laufsteg
und einer 60 cm breiten Brüstung mit schmalen Schiessscharten umgeben.
Noch um das Ende des 19. Jahrhundert sah man in dieser Mauer ein etwa 3 m
hohes und 4 m breites Burgtor, neben dem sich eine kleine Fensteröffnung
befand. Später verschwand dieses Tor vollständig und von der Burgmauer haben
sich bis heute nur ganz kleine Reste auf dem Gipfelgrat südlich des Felsentores
erhalten.
Der runde Hauptturm der Burg stand mit größter Wahrscheinlichkeit am Südwestrand
der Burg. Angeblich war er etwa 40 m hoch und bei gutem Wetter sollten
von ihm die Anhöhen um Prag zu sehen gewesen sein. Der zweite, kleinere Turm
stand vielleicht irgendwo an der Nordseite der Burg, sicher stand er nicht auf
dem Gipfel des Felsmassives, dessen Nutzung zu Burgzwecken zwar durch eine archäologische
Erkundung bestätigt wurde; dabei wurde aber festgestellt, daß hier kein gemauertes
Bauwerk gestanden hat. Auch eine Nutzung der jetzigen ebenen Fläche hinter dem
Felsentor ist kaum wahrscheinlich, weil sie offensichtlich erst nach dem Eingehen
der Burg auf im Laufe des Bruchbetriebes aufgeschüttetem Steinschutt entstanden
ist. Durch den Steinbruchbetrieb ist auch der Raum des ehemaligen Burghofes,
in dem heute ein Blockhaus steht, vollständig verändert worden.
Mit der Burg Milštejn war auch die naheliegende Burgstatt Rousínovský hrádek,
die meistens als vorgeschobene Befestigung bezeichnet wird, und auch die Hengst
genannte Aussichtswarte, die auf dem Gipfel des nahen Berges Kobyla (Hengstberg) gestanden
haben sollte, in Verbindung gebracht worden.
Eingang in die Kovárna (Steinbruchschmiede) genannte Höhle am Ostfusse des Felsmassives.
Foto: Jiří Kühn.
Auf den Milštejn beziehen sich viele romantische Sagen von bösen Rittern, unglücklichen
Mädchen, einer Teufelsküche, Geheimgängen und Schätzen, die hier vergraben worden
sind. Aus dem Jahr 1596 stammt angeblich ein Brief, in dem der Welsche Magister
Benedictus Chirocensis eine genaue Anleitung anführt, nach der man auf dem Milštejn
einen großen Schatz finden kann. Trotzdem in den vergangenen Zeiten der Großteil
der Felsen einschließlich der Burgruinen abgebrochen worden ist, hat man bis
heute keinen Schatz gefunden.
Nachrichten über Geheimgänge, von denen einer bis auf den Tolštejn (Tollenstein) geführt haben
soll, wurden durch die unterirdischen Räume, Überhänge und Höhlen am südöstlichen
Fuße des Felsenmassives gefördert. Im Laufe der Arbeit im Steinbruch wurden
die offenen Felsüberhänge von außen her durch Schutt verschüttet, wodurch aus
ihnen geschlossene Höhlen entstanden. Im Jahr 1932 wurden diese unterirdischen
Räume auf kurze Zeit Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, da Alfred Hoster
aus Zittau in den Zeitungen über die Entdeckung von ausgedehnten Höhlen mit
großen, in einigen Stockwerken übereinander liegenden Sälen berichtete. Durch
eingehendere Untersuchungen an Ort und Stelle konnten allerdings keine solche
Räumlichkeiten nachgewiesen werden.
Inneres der Höhle Kovárna (Steinbruchschmiede).
Foto: Jiří Kühn.
Höhle Kovárna - von Wasser geglätteter Durchgang zwischen der ersten und zweiten Kammer.
Foto: Jiří Kühn.
Heute sind am Milštejn drei größere unterirdische Höhlungen
bekannt, deren geglättete Wände darauf hinweisen, daß sie durch die Erosionswirkung
des fließenden Wassers gebildet worden sind.
Die größte und bekannteste von ihnen ist die ungefähr 45 m lange Höhle
Kovárna (Schmiede), deren Eingang sich am Ostfuße des Felsmassives befindet.
Hinter dem niedrigen Eingang verzweigt sie sich in zwei Richtungen. Rechts befindet
sich eine größere Räumlichkeit, deren gegliederte Decke sich schnell zum Boden
neigt, nach links führt ein etwa 1 m hoher Durchgang in einen zweiten Raum
mit interessanten geglätteten und gefärbten Wänden. Der Zugang in eine dritte
Kammer ist nur durch einen engen Gang zwischen dem Felsen und der Steinschutthalde
möglich. Die Höhe aller diesen Räumlichkeiten ist etwa 2 m. Der erste Raum
wurde wahrscheinlich von den Steinbrechern genutzt, wie es der Rest eines gemauerten
Einganges und viele Scherbenfunde nachweisen. Seit Herbst 2003 ist der Eingang
durch ein Gitter abgeschlossen.
Mündung der "Nová Kovárna" (Neue Schmiede) genannten Höhle.
Foto: Jiří Kühn.
Eine zweite, schlechter zugängliche Höhle befindet sich im Blockschutt hinter
dem Felsentor. Sie besteht aus einem etwa 14 m langen erweiterten Spalt,
an den sich ein gegliedertes System von ehemaligen Felsnischen und Überhängen
anschließt, das nach etwa 30 m im schuttbedeckten Hang unter dem Felsentor
nach Außen mündet.
Im südlichen Teil des Felsgrates ist eine dritte, manchmal Nová Kovárna
(Neue Schmiede) genannte Höhle, die aus drei zusammenhängenden, zusammen etwa
17 m langen Räumlichkeiten besteht. Der erste, durch einen breiten Eingang
zugängliche Raum ist über 2 m hoch, 3,5 m breit und fast 8 m
lang und in ihm befindet sich ein unfertiger Mühlstein. Hinter ihm ist ein enger
Gang, der in einen zweiten, etwa gleich großen Raum mündet, in den außerdem
auch ein eigener, besonderer Eingang mündet. In der Hinterwand dieses Raumes
öffnet sich ein weiterer, enger Gang, der in eine dritte, vom Wasser ausgehöhlte
ovale kleine Kammer führt.
In diesen Höhlen überwintern einige Fledermausarten, z. B. das Braune Langohr,
das Große Mausohr, die Fransenfledermaus und die Mopsfeldermaus.