Velký Valtinov
(Gross Walten)
Velký Valtinov (Groß Walten) liegt im breiten Tal des Baches Panenský potok unter dem Berg Tlustec (Tolzberg), etwa 3 km südwestlich von Jablonné v Podještědí (Deutsch Gabel) und 3 km nordöstlich von Brniště (Brims). Teil der Gemeinde sind auch Františkov (Franzendorf), Tlustce (Tölzeldorf), Tlustecká (Tolzbach) und Růžové (Rosenthal), mit denen zusammen sie zum 1. Januar 2017 insgesamt 191 Einwohner hatte.
Geschichte
Gasthaus an der Bahnstation am südlichen Ende des Dorfes.
Foto: Jiří Kühn.
Über die Entstehung des Ortes existieren keinerlei Aufzeichnungen. Möglicherweise enstand der Ort während der Gründung von Jablonné v Podještědí (Deutsch Gabel) Mitte des 13. Jahrhunderts oder aber erst bei der Besiedlung der Gabeler Herrschaft im 14. Jahrhundert. Der Ort hieß von Beginn an Valtinov und nach der Teilung in zwei Orte unterschied man fortan in Velký (Groß) und Malý Valtinov (Klein Walten). In schriftlichen Quellen ist das Dorf erstmals 1395 belegt.
In den 80er Jahren des 14. Jahrhunderts kauften die Berka von Dubá die Gegend südlich von Jablonné (Deutsch Gabel), die hier das Feudalsystem einführten. Nach und nach entstanden hier einige kleine Dörfer und Gutshöfe mit Festungen, die einige Zeit lang von Angehörigen des Rittergeschlechts der Blekta von Útěchovice bewohnt wurden. Die ältesten dieser Dörfer waren aller Wahrscheinlichkeit nach Tlustce (Tölzeldorf), dass schon 1371 erwähnt wurde und Valtinov mit der Festung, das erstmals 1399, als der Edelmann Jan Blekta von Útěchovice hier lebte. Dieser kaufte schon drei Jahre später die Herrschaft Valtinov aus dem Feudalzwang frei und wurde deren Eigentümer. Eine weitere Festung entstand in Tlustecká (Tolzbach) wahrscheinlich nach 1550. Bei der Teilung der Besitztümer der Blekta im Jahre 1575 wurde die Flur von Valtinov in zwei Teile gespalten, die Velký Valtinov (Groß Walten) mit der ursprünglichen Festung, das heute auch als Dolní Valtinov (Nieder Walten) bezeichnet wird und Malý (Klein) oder Horní Valtinov (Ober Walten), wo 1578 ein neues Schloss gebaut wurde. In dessen Nachbarschaft entstand später die Siedlung Františkov (Franzendorf), die aber nur aus wenigen Häusern bestand. Im Jahre 1576 wird auch die Siedlung Růžové (Rosenthal), die zwischen Teichen südwestlich des Ortes liegt, zum ersten mal erwähnt.
Das kleine Barockschloss Malý Valtinov (Klein Walten).
Foto: Jiří Kühn.
Im Jahre 1580 wurde nahe der Festung in Velký Valtinov (Groß Walten) eine Brauerei gebaut und im Jahre 1600 baute Jans Urenkel Jiří Jetřich Blekta von Útěchovice die Festung zu einem Renaissance-Schloss um. Etwa zwei Jahre später mussten die Blekta von Útěchovice aber Velký Valtinov mit dem Schloss wegen zu hoher Schulden verkaufen und ihnen blieb nur noch Malý Valtinov. Dieses kaufte wiederum im Jahre 1615 Jan Odkolek der Jüngere von Újezd, der aber zur Abgabe seiner Besitzschaften nach der Niederlage der böhmischen Stände bei der Schlacht am Weißen Berg verurteilt wurde. Ende Mai 1626 wurde er zwar davon freigesprochen, da aber seine Herrschaft bereits 1624 an Jindřich Volf von Dubá vergeben wurde, kam es zu einer Ausgleichsvereinbarung im Zuge derer Malý Valtinov Teil der Gabler Herrschaft der Volfs blieb.
Velký Valtinov (Groß Walten) kaufte im Jahre 1608 Kryštof von Dohna, welcher damals die benachbarten Herrschaften Lemberk (Lämberg) und Grabštejn (Grafenstein) besaß. Auch dessen Nachfolger Konrad von Dohna wurde aber die Herrschaft im Jahre 1623 weggenommen, da er Mitglied des anti-habsburgischen Widerstandes war. Danach kaufte sie Albrecht von Wallenstein. Nach dessen Ermordung am 25. Februar 1634 erwarb Gerhardt von Wachtentung Velký Valtinov mit dem Schloss. Dessen Nachfolger verkauften die Herrschaft 1667 an die Pachta von Rayhofen. Sie kauften 1718 noch die Herrschaft Jablonné (Deutsch Gabel) mit Malý Valtinov (Klein Walten), vom Grafen František Antonín von Nostic-Rieneck, dazu. Damit waren wieder beide Dörfer Teil einer Herrschaft.
Jan Jáchym Pachta ließ 1728 das Schloss in Velký Valtinov (Groß Walten) im Stil des Barock umbauen und ein Jahr später ließ er im Dorf die Kirche des hl. Johannis von Nepomuk errichten. Die Kirche hatte keine eigene Pfarrgemeinde und war Filialkirche des Pfarrdoms in Jablonné (Deutsch Gabel). In den Jahren 1781 bis 1782 wurde hier ein hölzernes Schulgebäude erbaut, das 1876 durch ein neues Schulhaus mit zwei Klassen ersetzt wurde. Die hiesigen Einwohner lebten von der Landwirtschaft, die sich wegen der ungünstigen Bedingungen vornämlich auf die Viehzucht beschränkte. Seit dem 17. Jahrhundert verbreitete sich hier die heimische Herstellung von Garn und Tuch. Eine Zeit lang existierte auch eine Bleiche. Mit dem Aufkommen der industriellen Textilproduktion in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Heimproduktion nach und nach ab und viele Weber mussten zur Arbeit in die Fabriken nach Jablonné (Deutsch Gabel) oder Mimoň (Niemes) gehen.
Holzhaus in Růžové (Rosenthal).
Foto: Jiří Kühn.
Im Jahre 1867 mussten die Pachta von Rayhofen ihre Besitztümer wegen ungeklärter Erbschaftsverhältnisse verkaufen und so wechselten sich von nun an verschiedene wohlhabene Fabrikanten als Eigentümer von Valtinov ab. Zu den bekanntesten von ihnen gehörte ab 1878 der Freiherr Gustav von Schlesinger, der neben Velký (Groß) und Malý Valtinov (Klein Walten) auch einen Teil der Flur von Lada (Laden) erwarb. Der Großgrundbesitz von Malý Valtinov wurde in den Jahren 1881 bis 1893 geteilt und das Schloss erwarb der ehemalige Rektor der Forstschule in Bělá pod Bezdězem (Weisswasser) Josef Vazač, welcher sie 1898 an den Großunternehmer Gustav Grass aus Horní Podluží (Obergrund) veräußerte. Das Schloss baute er zu einem stattlichen Wirtschaftshof um.
Zu dieser Zeit hatte die Gemeinde 129 Häuser und 598 Einwohner, eine Mühle, einen hoheitlichen Gutshof, eine Säge und eine Brauerei, die verschiedene Betreiber bis 1924 bewirtschafteten und sie schließlich an die Brauerei in Litoměřice (Leitmeritz) verkauften. 1929 wurde die Bierproduktion eingestellt. Etwa drei Jahre später wurde auf dem Gelände eine Käseschmelze der Firma Paul & Söhne gegründet, deren Teil später auch das benachbarte Schloss wurde. Einige Zeit war im Dorf auch eine Knochenmühle in Betrieb.
Bis zum 2. Weltkrieg war die Siedlung Zámecká mit der Neuen Falkenburg Teil von Velký Valtinov (Groß Walten). 1942 wurde der Ort an Jablonné v Podještědí (Deutsch Gabel) angegliedert. Nach dem Ende des Krieges 1945 wurde die deutsche Bevölkerung vertrieben und der Ort war entvölkert. Der Gutshof in Malý Valtinov (Klein Walten) wurde mit Samt der dazugehörigen Grundstücke konfisziert und an die Familie Nosek vergeben, welche aber nach dem kommunistischen Putsch im Jahre 1948 enteignet wurde. Im Ort wurden alle Gewerbe liquidiert und in Betrieb blieb nur die Käseschmelze, die später im Staatsbetrieb der Nordböhmischen Molkerei aufging. Im Jahre 1950 wurde im Ort eine Agrargenossenschaft gegründet, die 10 Jahre später mit der benachbarten Genossenschaft in Postřelná (Postrum) fusionierte und 1964 vom staatlichen Agrarbetrieb in Jablonné (Deutsch Gabel) übernommen wurde. Die Zahl der dauerhaften Bewohner im Ort ging stetig zurück und Mitte der 60er Jahre wurde die Schule geschlossen. Zum 1. Januar 1981 wurde Velký Valtinov (Groß Walten), gemeinsam mit anderen Orten in der Umgebung, nach Jablonné v Podještědí (Deutsch Gabel) eingemeindet. Nach der politischen Wende wurde es aber am 1. Januar 1991 wieder selbstständig.
Die Käseschmelze wurde in den 90er Jahren geschlossen und das Schloss ist nach einem Brand im Jahre 1983 völlig heruntergekommen. Der Gutshof in Malý Valtinov (Klein Walten) wurde in der 90er Jahren an die ursprünglichen Besitzer zurück gegeben, von denen es die Familie Chmel von Chmelné abkaufte, die das Areal nach 2005 wieder aufbauten.
Denkmäler und Merkwürdigkeiten
Kirche des hl. Johannis von Nepomuk.
Foto: Jiří Kühn.
Im südwestlichen Teil des Ortes steht die barocke Kirche des hl. Johannes von Nepomuk, erbaut von Jan Jáchym Pachta von Rayhofen um das Jahr 1729. An dem nicht allzu großen, rechteckigen Bau prangt am Eingangsportal auf der Südseite ein schmuckvolles Sandsteinwappen der Pachta von Rayhofen. Der Innenraum setzt sich aus der Vorhalle, dem quadratischen Schiff und dem rechteckigen Presbyterium mit zwei seitlichen Kapellen über denen sich die Empore befindet, zusammen. Über dem Eingangsraum befindet sich eine steinerne Empore, auf der einst die Orgel stand. Das Gewölbe ist mit Bildnissen von Engeln und der Verherrlichung des hl. Johannes von Nepomuk bemalt, die früher fälschlicherweise dem Prager Maler Jan Kryštof Liška zugeschrieben wurden. Interessant ist auch die Malerei auf dem Hauptaltar. Auf den Seitenaltären die aus der Zeit um 1735 stammen, befanden sich Bilder der Ermordung des hl. Wenzels und eine ausgezeichnete italienische Barockmalerei des hl. Sebastian aus dem 17. Jahrhundert. In den Nieschen an den Säulen innerhalb des Kirchenschiffes befinden sich Statuen des hl. Prokop, hl. Adalbert, hl. Wenzels und des hl. Sigismund.
Innenraum der Kirche des hl. Johannis von Nepomuk.
Foto: Jiří Kühn.
Heiligenstatuen auf dem ehemaligen Friedhof neben der Kirche.
Foto: Jiří Kühn.
An der Außenwand neben dem Eingang zur Kirche ist eine Tafel angebracht, die an preußische und österreichische Soldaten erinnert, die in der Schlacht bei Hochkirch am 14. Oktober 1758 verwundet wurden und im Lazaret, das im Waltener Schloss eingerichtet wurde, verstarben. Sie wurden in einem Gemeinschaftsgrab auf der Ostseite der Kirche bestattet. Die Gedenktafel stiftete Eduard Lehmann aus Chřibská (Kreibitz) im Jahre 1900.
Auf dem ehemaligen Friedhof an der Kirche stehen Sandsteinstatuen des hl. Prokop, des hl. Johann von Nepomuk, der Jungfrau Maria und des hl. Adalbert. An der Westecke steht zur Straße hin ein steinernes Denkmal der Opfer des 1. und 2. Weltkrieges. Auf der gegenüberliegenden Seite der Kreuzung steht ein Ensemble der Kalvarie vom Beginn des 18. Jahrhunderts. Teil des Ensembles ist das zentrale Holzkreuz mit der Blechsilhouette des gekreuzigten Christus, zu dessen Seiten Sandsteinstatuen der Jungfrau Maria und des Evangelisten Johannis stehen.
Das Denkmal der Gefallenen der Weltkriege.
Foto: Jiří Kühn.
Barocke Statuengruppe der Kalvarie.
Foto: Jiří Kühn.
Die Schlossruine auf dem Areal der ehemaligen Käseschmelze.
Foto: Jiří Kühn.
Etwa 200 m südlich der Kirche steht auf dem Areal der ehemaligen Käseschmelze das ursprüngliche Renaissanceschloss, das um 1600 an Stelle der älteren Festung, die schon im Jahre 1399 gegründet wurde, erbaut wurde. Jan Jáchym Pachta von Rayhofen ließ es 1728 im Stil des Barock umbauen. Der schlichte zweistöckige Bau mit dem turmartigen Treppenhaus hatte ein verziertes steinernes Eingangsportal. Nach 1940 wurde das Schloss Teil der Käseschmelze. Im Jahre 1983 brannte es allerdings ab. Da es nicht repariert wurde, Begann schnell der Verfall und heute ist es nur noch eine Ruine. Nahe des Schlosses stehen noch einige Wirtschaftsgebäude, die ehemalige Brauerei und Überreste des kleinen Schlossparks. Etwa 250 m südlich des Schlosses befindet sich nahe der Straße nach Brniště (Brims) die Ruine der Festung Tlustce (Tölzeldorf).
Auf der linken Seite der Straße nach Postřelná (Postrum) steht an der Brücke über den Bach Panenský potok die barocke Sandsteinstatue des hl. Johannis von Nepomuk vom Ende des 17. Jahrhunderts. Auf dem Sockel prangt das Wappen der Pachta von Rayhofen. Eine weitere barocke Statue der hl. Anna aus der Mitte des 18. Jahrhunderts befindet sich etwa 150 m westlich der Eisenbahnstation am Weg nach Růžové (Rosenthal).
Statue des hl. Johannis von Nepomuk an der Straße nach Postřelná (Postrum).
Foto: Jiří Kühn.
Statue der hl. Anna an der Straße nach Růžové (Rosenthal).
Foto: Jiří Kühn.
Ungefähr in der Mitte der Gemeinde steht das denkmalgeschützte Feuerwehrdepot mit einem achteckigen Turm, errichtet angeblich im Jahre 1843. Am nördlichen Ortsausgang an der Straße nach Jablonné v Podještědí (Deutsch Gabel) steht das hübsch hergerichtete Barockschlösschen Malý Valtinov (Klein Walten) mit dem Gutshof. Sein heutiges Aussehen erhielt es beim Umbau zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Etwa 200 m nördlich des Guts wächst an der Straße eine mächtige Stieleiche, die 1994 zum Naturdenkmal ernannt wurde. Der circa 28 m hohe Baum hat einen Stammumfang von 560 cm, sein Alter wird auf 210 Jahre geschätzt.
Denkmalgeschütztes Feuerwehrdepot.
Foto: Jiří Kühn.
Hübsch hergerichtete Wirtschaftsgebäude des Gutshofes in Malý Valtinov (Klein Walten).
Foto: Jiří Kühn.
Geschützte Stieleiche an der Straße nach Jablonné (Deutsch Gabel).
Foto: Jiří Kühn.
Sehenswürdigkeiten in der Umgebung
Velký Valtinov (Groß Walten) liegt im Tal des Baches Panenský potok südwestlich von Jablonné v Podještědí (Deutsch Gabel), eine der ältesten Städte in Nordböhmen. Im ihrem Zentrum befindet sich das Dominikanerkloster mit dem Dom des hl. Laurentius und der hl. Zdislava. Auf dem Turm der ehemaligen Pfarrkirche wurde ein Aussichtsplateau eingerichtet. Am Südwestrande der Stadt befindet sich das nicht zugängliche Schloss Nový Falkenburk (Neu Falkenburg). Auf der Südseite der Stadt schließt sich Česká Ves (Böhmischdorf) an und im Nordosten verläuft zwischen Markvartice (Markersdorf) und Lvová (Lämberg) die langgestreckte Anhöhe mit dem Schloss Lemberk (Lämberg). In dessen Umgebung gibt es einige interessante Ecken und Denkmäler, dank derer die Umgebung von Lemberk zur Denkmalschutzzone erhoben wurde. Die Landschaft südlich von Velký Valtinov (Groß Walten) dominiert der Berg Tlustec (Tolzberg), der eine schöne Aussicht in die Umgebung bietet. An dessen nördlichen und westlichen Fuße erstrecken sich die Dörfer Postřelná (Postrum), Tlustce (Tölzeldorf) und Tlustecká (Tolzbach), wohingegen der Berg auf der Südostseite nach Stráž pod Ralskem (Wartenberg) hin abfällt, dessen Umgebung in der Vergangenheit durch den Abbau von Uranerz geprägt wurde. Nach Südwesten führt von Velký Valtinov (Groß Walten) die Landstraße um den Berg Kaple (Kapellenberg) nach Brniště (Brims). In den Feldern nordwestlich des Ortes liegt die Siedlung Růžové (Rosenthal) mit einigen Teichen, hinter denen sich zwischen dem Selský (Bauerberg) und dem Kovářský vrch (Schmiedeberg) ein breiter Waldgürtel ausbreitet, der sich bis Kunratice (Kunnersdorf) bei Cvikov (Zwickau) erstreckt.