Horní Prysk
(Ober Preschkau)
Die Kirche mit dem Glockenturm auf dem Školní vrch (Schulberg).
Foto: Jiří Kühn.
Horní Prysk (Oberpreschkau) ist ein langgezogenes, im östlichen Teil des Tales des Pryský potok (Preschkauer Bach), zwischen dem Šenovský vrch (Steinschönauer Berg), dem Ovčácký vrch (Schäferberg) und dem Kamm Klučky (Klutschken) etwa 2 km nordöstlich von Kamenický Šenov (Steinschönau) liegendes Dorf. Es wird zum ersten Male im Jahr 1515 als „Preska Hoření ves“ (Preschkau Oberes Dorf) erwähnt, bestand aber sicher schon früher, weil die hiesige Kirche bereits im Jahre 1409 erwähnt wird. Es bildet heute zusammen mit Dolní Prysk (Nieder-Preschkau) und Vesnička (Füllerdörfel) die selbständige Gemeinde Prysk (Preschkau).
Horní Prysk (Ober-Preschkau) war niemals ein typisches Bauerndorf, da sich in ihm nur kleinere „Chalupner-“ und Handwerkerhäuser befanden. Im Jahre 1654 hatte es 56 Häuser, von denen 18 Chalupnerhäuser waren, deren Einwohner sich neben mit Landwirtschaft auch mit Handwerker, insbesondere mit Glasveredlung und Glashandel ernährten. Die hiesigen Glasarbeiter unterstanden der Glasarbeiterzunft von Kamenický Šenov (Steinschönau), die bereits im Jahre 1694 vom Grafen Václav Norbert Oktavian Kinsky genehmigt worden sind. Im Jahre 1713 wird aus der Gemeinde 1 Müller, 1 Glaser, 10 Fensterproduzenten, 2 Schraubeneinbohrer, 5 Glasgraveure, 1 Besitzer eines Glaswarenlagers, 1 Glaswarenhändler, 13 Glas-Hausierhändler und ein Krämer angeführt. Einige der hiesigen Glashändler wirkten später auch im Ausland, hauptsächlich in Polen.
Die ehemalige Pfarre unweit der Kirche.
Foto: Jiří Kühn.
Die Kirche in Prysk (Preschkau) gehörte ursprünglich zur Pfarre in Kamenický Šenov (Steinschönau), ware aber seit 1565 lutherisch und gehörte zur städtischen Pfarrei St. Jakob in Česká Kamenice (Böhmisch Kamnitz) zu der sie auch zur Zeit der Gegenreformation blieb. 10 Jahre später haben die Schweden die Kirche und einige andere Häuser in Brand gesteckt und im Jahr 1644 wurde an ihrer Statt eine provisorische Kirche erbaut, der den Gläubigen bis zur Zeit des Baues einer neuen Kirche in den Jahren 1718-1721 diente. Bereits im 17. Jahrhundert wurde in verschiedenen Privathäusern in Horní Prysk (Ober-Preschkau) den Kindern der Schulunterricht erteilt. Die erste Schule wurde zwischen der Kirche und der Pfarre im Jahre 1702 erbaut und 1733 wurde sie durch ein neues Schulgebäude ersetzt. Im Jahre 1833 hatte Horní Prysk (Ober-Preschkau) 119 Häuser und 731 Einwohner. In Ort befanden sich einige Glasschleifereien und -werkstätten die ihren Glashandel hauptsächlich nach Polen und Russland gerichtet hatten. Ausserdem arbeiteten hier auch einige Baumwollwebereien und -bleichen.
Bis zum Jahr 1849 hatte das Dorf einen eigenen Richter. Im Laufe der Verwaltungsreform im Jahr 1850 wurde zur Gemeinde Dolní Prysk (Ober-Preschkau) angeschlossen, aber diese Anordnung hat sich nicht bewährt, sodass im Jahre 1887 beide Gemeinden wieder selbständig wurden. Seit 1852 wurde in Horní Prysk (Ober-Preschkau) eine selbständige Pfarre gegründet und für die stetig wachsende Anzahl von Kinden wurde im Jahre 1878 eine neue Schule gebaut. Im Jahre 1880 erreichte Horní Prysk (Ober-Preschkau) seine höchste Einwohnerzahl (1047) Zu dieser Zeit waren hier 11 Kugler, 3 Graveure und Glasmaler, ein Versilberer und ein Spiegelerzeuger. Seit 1886 betrieb Josef Palme im Haus No. 4 einen Glas-Ausfuhrhandel, der fast 30 Jahre die Mehrzahl der hiesigen Glasmacher beschäftigte. Nach 1913 trug dieses Geschäft den Namen von Palmes Schwiegersöhnen „Weidlich & Fiedler“.
Im Jahr 1895 wurde in der Gemeinde ein Postamt eröffnet und im August 1903 wurde die Lokalbahn von Kamenický Šenov (Steinschönau) nach Česká Lípa (Böhmisch Leipa) mit einer Haltestelle in Horní Prysk (Oberpreschkau) in Betrieb gesetzt. Diese Bahn diente den Bewohnern bis zur Liquidation der Strecke am 29. September 1979.
Ein einstöckiges Blockstubenhaus im oberen Teil der Ansiedlung.
Foto: Jiří Kühn.
Vor dem 2. Weltkrieg hatte Horní Prysk (Ober-Preschkau) 178 Häuser und 948 Einwohner. Mit Landwirtschaft ernährten sich damals nicht nur die Besitzer der 11 Chalupnerwirtschaften, sondern auch die Besitzer der kleineren Wirtschaften und die in anderen Erwerbsfächern Beschäftigten. Der Grossteil der Einwohner beschäftigte sich aber mit der Veredlung von Glas in den örtlichen Betrieben und als Heimwerker. Es befanden sich hier 4 Glasraffinerien, weiters 12 Glasschleifereien und 8 Kuglerwerkstätten, 11 Glasmalerwerkstätten und einige Glasgraveure. In der Gemeinde befand sich auch ein Steinbruch mit der Herstellung von Dachziegeln, eine Werkstatt zur Verfertigung von Kunstblumen und eine Mühle. Ein Teil der Einwohner war auch in den Glasgeschäften und den Fabriken in Kamenický Šenov (Steinschönau) und Česká Kamenice (Böhmisch Kamnitz) oder in der Papierfabrik in Horní Kamenice (Oberkamnitz) beschäftigt.
Nach dem 2. Weltkrieg wuerde der Grossteil der Deutschen aus der Gemeinde „abgeschoben“ und die Einwohnerzahl sank deutlich. Im Jahre 1961 lebten hier nur mehr 236 Einwohner und viele der verlassenen Häuser wurden abgerissen. Die stehen gebliebenen Häuser wurden seit den 60. Jahren zu Wochenendhäusern verwendet. Im Jahr 1962 wurde die Schule in Horní Prysk (Oberpreschkau) geschlossen und seitdem müssen die Kinder zur Schule nach Dolní Prysk (Nieder-Preschkau) gehen. Die aufgehobene Schule wurde 1978 – 1981 zu einer Freiluftschule umgebaut. Zum Ende des 20. Jahrhunderts begann sich das Aussehen der Gemeinde deutlich zu verbessern. Manche der alten Häuser wurden renoviert und im Mai 2002 entstand hier eine Bürgervereinigung, die sich gemeinsam mit der Gemeinde der Renovierung der verwahrlosten Kirche widmete. Die Rekonstruktion begann mit der Erneuerung des Daches im Jahre 2004 und 5 Jahre später wurde sie mit der Erneuerung der äusseren Fassade abgeschlossen. Nach der Erneuerung der Innenausstattung und der Herrichtung der Umgebung wurde die Kirche am 21. Juni 2014 feierlich vom Leitmeritzer Bischof Jan Baxant wieder eingeweiht.
Die barokní Kirche der hl. Petrus und Paulus.
Foto: Jiří Kühn.
Auf dem Školní vrch (Schulberg) in der Mitte der Gemeinde stand schon vom 14. Jahrhundert eine hölzerne Kirche, die 1640 von den Schweden verbrannt wurde. Vier Jahre später wurde auf derselben Stelle eine kleine provisorische Kirche erbaut; die heutige Peter- und Pauls-Kirche wurde in den Jahren 1718-1721 vom Baumeister Peter Paul Columbani aus Rounice (Raudnitz) erbaut. Der Grundstein wurde am 30. Juni 1718 gelegt und im nachfolgenden Jahre wurde der Bau eingedeckt. Wegen ungenügender Geldmittel konnte der Bau erst im Sommer 1720 fortgesetzt werden und die feierliche Weihe fand erst am 29. September 1721 statt. Ihre endgültige Form erhielt die Kirche erst durch die endgültigen Herrichtungsarbeiten im Jahre 1789 und die Ausgestaltung im 19. Jahrhundert. Dieser einschiffige Bau mit wenig gebogenen Seiternwänden ist eine mustergültige Probe der Barock-Baukunst. Die Westfront mit dem reich gegliederten Giebel wird geschmückt von Nischen mit den Statuen Jesu Christi und der hl. Patronen Peter und Paul, über dem Eingang zur Kirche befindet sich ein steinernes Wappen der Familie Kinsky und auf dem Dach erhebt sich ein Türmchen, in dem sich früher eine Glocke befand.
Im Inneren ist die Kirche reich verziert. Der Rokoko-Hauptaltar wurde 1752 von Prager Bildhauer Johann Lampel verfertigt und drei Jahre später von Anton Max aus Sloup (Bürgstein) neu bearbeitet. Das Altarbild der hl. Peter und Paul stammt vom Maler Thomas Eyselt aus Jablonné (Deutsch-Gabel) und an den Seitentüren sind Statuen des hl. Václav (Wenzel) und der hl. Ludmila von Anton Max. Aus dem 18. Jahrhundert stammen auch die Nebenaltäre des hl Joseph, des hl. Johann v Nepomuk und ein kleinerer Altar der Jungfrau Maria. Ein Meisterstück des späten Barocks ist die Kanzel aus dem Jahre 1763 mit Statuen der Evangelisten, des Moses und Kristus von Anton Max. Gegenüber der Kanzel hängt ein geschnitztes, vom Dorfrichter Füller am 29. September 1721 gewidmetes hölzernes Kreuz, unter dem ein steinernes Taufbecken mit der Gruppe der Taufe Christi aus dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts steht. Auf dem Chor ist eine barocke Orgel vom Jahr 1745 und die Statuen des Erzengels Michael und des Schutzengel, zwei Statuen des hl. Leopold und hl. Siegmund schmücken auch ihre Pfeiler. In die Mauer der Sakristei an der Südseiíte der Kirche wurde ein klassizister Grabstein vom Jahre 1792 eingesetzt und an der linken Seite des Nebeneingangs der Kirche wurde am 16. August 1908 die Gedenktafel des Oberleutnants Plaschkowitz eingesetzt, der hier bei einem Scharmützel mit den Preussen am 20. Juli 1756 gefallen ist. Die Gedenktafel wurde von Eduard Lehmann aus Chřibská (Kreibitz) gewidmet.
Das Innere der Kirche der hl. Petrus und Paulus.
Foto: Jiří Kühn.
Der Glockenturm mit der Totenkammer.
Foto: Jiří Kühn.
Felsen Kalich (Kelchstein) am Hang hinter dem Kirche.
Foto: Jiří Kühn.
Die Kirche ist vom Friedhof umgeben, in dessen steinerner Mauer ein 23 m hoher barocker Glockenturm mit einem gewölbten Durchgang aus dem Jahre 1680 steht, der im Jahr 1722 durch eine Totenkammer, die an ihrer Südseite mit dem Relief der Madonna geschmückt ist, ergänzt wurde. Auf diesem Turm ist eine im Jahre 1791 vom schluckenauer Uhrmacher Christoph Fröde verfertigte Uhr und früher waren hier drei Glocken, von denen eine gestohlen wurde und die beiden erhalten gebliebenen im August 1966 nach Kamenický Šenov (Steinschönau) überführt wurden. Im Jahre 2006 wurde eine Glocke zurückerstattet und 2009-2011 wurde der ganze Glockeunturm rekonstruiert. Auf der Terasse vor ihm steht das Denkmal der Gefallenen des 1. Weltkrieges. Am Hange hinter dem Friedhof stehl ein Kalich (Kelch) genannter Sandsteinfelsen mit einer Nische aus dem Jahre 1719, in der sich früher ein Bild Krönung der Jungfrau Maria befand. Der über der Nische eingehauene Kelch erinnert an den Verlust eines silbernen Kelches bei der Vernichtung der Kirche im Jahre 1640.
Denkmal der Gefallenen des 1. Weltkrieges.
Foto: Jiří Kühn.
Statue des hl. Johann v. Nepomuk unter der früheren Schule.
Foto: Jiří Kühn.
Felsnische mit dem verblichenen volkstümlichen Bild des hl. Georg.
Foto: Jiří Kühn.
Das denkmalgeschützte Blockhaus No. 55.
Foto: Jiří Kühn.
Neben der Kirche steht die ehemalige Schule aus dem Jahr 1878, an die Anfang der 1980er Jahre ein großes zweistöckiges Gebäude für Freiluftschule angebaut wurde. Dieser wurde jedoch seit den 1990er Jahren nicht mehr genutzt und daher 2017 abgerissen. Nur die ursprüngliche Schule ist erhalten geblieben, neben der das zweistöckige Holzgebäude des ehemaligen Pfarrhauses aus dem Jahr 1785 steht. Im Dorf hat sich auch eine Reihe typischer volkstümlicher Fachwerk- und Umgebindehäuser erhalten; von ihnen steht das Haus No. 55, das etwa 200 m von der Strassenkreuzung im Stadtzentrum an der Strasse nach Česká Kamenice (Böhmisch Kamnitz) befindet, unter Denkmalschutz.
Es befinden sich hier auch einige Kreuze, unter denen das auffallenste das im Jahre 1845 von Franz und Therese Heller am Hause No. 110 aufgestellte sog. Mlynářův kříž (Müllers Kreuz) ist. An der Strasse unterhalb der Pfarre wurde im Juni 2014 die renovierte Statue des hl. Johann von Nepomuk aufgestellt, und am Rande des Spielplatzes neben dem Hause No. 90 steht ein niedriger Felsen mit einer Nische, in der sich ein am 19. August 1996 gemaltes, heute aber schon stark verblichenes Bild des hl. Georg befindet.
Im Wald am Osthang des Šenovský vrch (Steinschönauerberg) befinden sich interessante Sandsteinbrüche und nordwestlich von der Gemeinde erhebt sich der auffallende Střední vrch (Mitterberg) mit schönen Aussichten in die weite Umgebung.