Horní Chřibská
(Ober Kreibitz)

Ansicht eines Teiles von Horní Chřibská (Oberkreibitz) von Norden. Hinter den Bäumen im Vordergrund befindet sich das Areal der ehemaligen Glashütte.
Ansicht eines Teiles von Horní Chřibská (Oberkreibitz) von Norden. Hinter den Bäumen im Vordergrund befindet sich das Areal der ehemaligen Glashütte.

Horní Chřibská (Oberkreibitz) heisst der im erweiterten Tal des Chřibská Kamenice-Baches zwischen dem Plešivec (Plissenberg) und Chřibský vrch (Himpelberg) liegende östliche Teil der Stadt Chřibská (Kreibitz). Heute leben hier etwa 270 Einwohner. Zu einem selbständigen Dorfe wurde es nach der Erhöhung des zentralen Teiles von Chřibská (Kreibitz) zum Städtchen im 1. Viertel des 15. Jahrhunderts erhoben. Zugleich mit dem Städtchen Chřibská (Kreibitz) entstanden damals die Dörfer Horní und Dolní Chřibská, die in schriftlichen Urkunden zum ersten Male im Jahr 1457 als Creybitz superior et inferior erwähnt werden. Im Jahre 1654 hatte Horní Chřibská 19 Häuser, unter denen sich aber nur ein einziges Bauerngehöft neben 9 „Chalupnern“ (Kleinbauern) befand. Die Mehrzahl der Einwohner beschäftigte sich mit Handwerksarbeit.

In Horní Chřibská (Oberkreibitz) befand sich die älteste ununterbrochen arbeitende Glashütte Mitteleuropas. Ihr Bestand ist mit Sicherheit urkundlich im Jahre 1504 nachgewiesen, als ihr vom Besitzer der Kamnitzer Herrschaft Zikmund z Vartenberka (Siegmund von Wartenberg) das erste bekannte Privilegium erteilt wurde. Der Hüttenbesitzer Asmon Friedrich bekam in diesem Privilegium unter Anderem das Recht Vieh zu schlachten, Brot zu backen und frei Wein und Bier auszuschenken in einem solchen Ausmasse, dass dadurch dem Nachbarstädtchen Chřibská (Kreibitz) kein Nachteil entstehe. Im Jahre 1514 verkaufte der damalige Richter Veit Glaser aus der Familie Friedŕich die Glashütte „mit allen Rechten und Freiheiten, die sie schon vor hundert Jahren (besessen) hatte“, seinem Sohne Georg Glaser. Diese Quelle wird oft zitiert als Beweis, dass die Glashütte bereits im Jahre 1414 gegründet worden ist, aber aus anderen Quellen folgt, dass sie an der Wende der 50. und 60. Jahre noch nicht bestanden hatte. Diese Anmerkung will also offensichtlich nur auf die sehr lange Tradition, die die Zeit menschlicher Erinnerung übersteigt, hinweisen, oder sie bezieht sich auf andere Glashütten, die die Friedrichs in der Umgebung schon früher betrieben haben konnten, denn die Die Glashütte in Horní Chřibská hatte sicher ihre Vorgänger in den Waldgebieten der Umgebung. Die mittelalterlichen Glashütten mussten wegen ihrem enormen Holzverbrauch öfters ihren Platz wechseln. Eine solche Stelle wurde in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts bei Arbeiten am Teich in Horní Chřibská gefunden, ein weiterer ähnlicher Platz soll auf dem später Pilzwiese genannten Orte, dessen genaue Lokalisierung man bis heute nicht kennt, oder in der Nähe des Bahnhofs Chřibská und angeblich auch auf dem Plešivec (Plissenberg) und dem benachbarten Žulovec (Fladenberg) bestanden haben. Einige Standorte alter Glashütten wurden in der letzten Zeit auch in der Umgebung von Doubice (Daubitz) gefunden.
Die Familie Friedrich besass die Glashütte in Horní Chřibská (Ober-Kreibitz) bis zum Jahr 1689; später wechselten in ihr eine Reihe anderer Besitzer, von denen die bekanntesten nach 1724 die Familie Kittel war, die sich die Hütte zuerst mietete und erst im Jahre 1767 von Hans Joseph Kittel kaufte. Die Familie Kittel besass die Hütte bis zum Jahre 1828, in dem sie sie ihren Erben übergab. Nach 1867 übernahm sie Franz Zahn, der zur Beheizung der Öfen auf Gas aus Holz oder Kohle überging. 1882 übernahm die Hütte die Firma Michel & Mayer und seit 1902 war sie bis zum Ende des 2. Weltkrieges im Besitz der Familie Mayer. Nach dem Krieg blieb die Hütte im Betrieb bis zum Jahre 2007, wo sie endgültig gelöscht wurde.

Ein Schulunterricht in der Gemeinde wird zuerst im Jahr 1725 erwähnt und im Jahr 1769 einigten sich die Gemeinden Horní Chřibská und Krásné Pole (Schönfeld), gemeinsam eine einklassige Schule zu bauen; die neue gemauerte Schule No. 46 wurde in den Jahren 1874 bis 1875 erbaut. Im Jahr 1843 hatte Horní Chřibská 141 Häuser mit 1165 Einwohnern, und im Jahre 1879 trennte sich Krásné Pole (Schönfeld) von der Gemeinde und wurde selbständig.
Im Jahre 1912 begann im Tal oberhalb der Gemeinde der Bau eines Staudammes, unter der Leitung des Baumeisters August Herrmann aus Chřibská (Kreibitz) betrieb. Nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges wurde der Bau auf eine gewisse Zeit unterbrochen, später wurden hier russische und italienische Kriegsgefangene eingesetzt. Im Jahre 1918 übernahm den Bau der tschechoslowakische Staat und der Bau wurde 1925 fertiggestellt. Zu dieser Zeit arbeiteten in der Gemeinde ausser der Glashütte auch einige Raffinerien, Glasschleifereien und Werkstätten zur Glasveredlung, auch wurden hier Rahmen, Zwirne, Strickwaren und Biskuitgebäck hergestellt.

Am Ende des zweiten Weltkrieges zog durch Horní Chřibská eine Kolonne von Häftlingen des KZ Schwarzheide. In der Nacht zum 24. April 1945 übernachteten etwa 500 Häftlinge auf dem Hofe der hiesigen Glashütte und am Morgen wurden an der Mauer des Friedhofes einige Opfer des Marsches und mehrere erschossene Häftlinge eingescharrt. Ein Jahr später wurden 23 Opfer exhumiert und auf dem Friedhof in einem gemeisamen Grabe, das später mit einer Denktafel bezeichnet wurde, begraben.
Nach dem Kriege wurde der Grossteil der deutschen Einwohner „abgeschoben“, wodurch sich die Anzahl der dauernd hier wohnenden Einwohner von über Tausend auf 465 verringerte und die Gemeinde wieder mit Chřibská vereint wurde.

In Horní Chřibská hat sich bis heute eine Reihe volkstümlicher Fachwerkhäuser und Umgebindehäuser erhalten. Im Ortszentrum unterhalb des Mlýnský vrch (Mühlberg) steht ein grosses, denkmalgeschütztes Fachwerkhaus No. 39 mit Mansardendach, das um 1800 erbaut wurde, und in seiner Nähe stehen zwei weitere ebenerdige Fachwerkhäuser mit Dachschiefer gedeckter Giebelwand (No. 32 und No. 93) aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
In der Gemeinde wurde Eduard Lehmann (1844-1923) geboren, der als österreichischer Soldat an der Schlacht bei Hradec Králové (Königgrätz) 1866 und einiger anderer Kämpfe teilnahm, wodurch sein weiteres Leben tief beeinflusst wurde. Nach seiner Rückkehr in das Zivilleben widmete er sich der Suche und Kennzeichnung der Soldatengräber in Nordböhmen, über die er auch Zeitungsartikel und Bücher schrieb. Ausserden liess er das Gefallenendenkmal im sächsischen Hochkirch aufstellen und wurde zum gründenden Mitglied der Gesellschaft zum Bau des Völkerschlachtdenkmals in Leipzig. Für diese seine Tätigkeit wurde er zweimal mit einem österreichischen und einmal mit einem preussischen Orden ausgezeichnet.

Weitere Informationen

Text: Jiří Kühn; Übersetzung: Petr Kühn, Oktober 2019.