Karlsfried
Reste des Bergfriedes am Nordwestrande des Burgfelsens.
Foto: Jiří Kühn.
Die Burg Karlsfried stand auf einem kleinen Felsvorsprung (475 m), der aus dem nördlichen Fuss des Strassberges über die von Zittau und Eichgraben nach Lückendorf führende Straße herausragte. Als Zoll- und Geleitsburg wurde sie 1357 von Kaiser Karl IV. gegründet, der mit dem Bau den damaligen Burggrafen der Burg Bezděz (Bösig) Oldřich Tista z Hedčan (Ulrich Tista von Liebstein) beauftragt hatte. Die Burg hieß nach ihrem Gründer Karlsfried, wird aber in zeitgenössischen Urkunden meistens "Neuhaus" genannt, woraus manche Historiker gefolgert hatten, dass auf derselben Stelle früher die Burg "Winterstein" stand. Dieser Winterstein ist urkundlich nur in einer einzigen Nachricht von 1441 über den Kauf der Burgen Karlsfried (Neuhaus) und Winterstein durch die Stadt Zittau genannt. Alfred Moschkau hat ihn zwar am Ende des 19. Jahrhunderts, aber wahrscheinlich irrtümlich auf den naheliegenden Loupežnický vrch (Raubschlossberg) gestellt, aber auch der Bestand des Wintersteines auf dem Standort des späteren Karlsfriedes ist nicht eindeutig nachzuweisen.
Die Burg Karlsfried diente vor allem zum Schutze der in Deutschland als "Gabler Straße" genannten Zittauer Handelsstraße, die von Zittau über Lückendorf, Petrovice (Petersdorf) und Jablonné (Deutsch-Gabel) in das Innere Böhmens führte und die in der Urkunde Karls IV. von 1361 als "von alters her gebräuchlich" bezeichnet wird. Die Annahme, dass sie ursprünglich durch das údolí Bílého potoka (Weissbachtal) geführt haben soll und erst im 14. Jahrhundert auf Befehl König Johanns von Luxemburg auf die neue Trasse über Lückendorf verlegt wurde, ist urkundlich nicht belegt. Die Burg war mit einer berittenen Mannschaft besetzt, die den über das Gebirge fahrenden Handelsleuten ein schützendes Geleit bot, und außerdem auch die Sicherheit anderer Wege der Umgebung aufrechterhielt. Dafür wurde auf der Burg ein Geleitzoll erhoben und es bestand hier auch die Möglichkeit zur Übernachtung. Die Burg war auch Sitz des Landvogtes der Lausitz, bis dieser 1412 nach Zittau übersiedelte.
Mauerreste in der oberen Burg.
Foto: Jiří Kühn.
Während der Hussitenkriege wurde der Karlsfried zweimal belagert. Im Mai 1421 wehrte zwar die verstärkte Besatzung unter Sigmund von Wartenberg ihren Sturm ab, aber am 25. Januar 1424 wurde die Burg durch eine große hussitische Übermacht erstürmt und angezündet. Noch im selben Jahre ließ Kaiser Sigmund die Burg erneuern und so befestigen, dass sie auch einer neuen schweren Belagerung Widerstand leisten könnte. Die Burg bekam auch eine stärkere Besatzung unter dem Hauptmann Conrad von Quossau. In den folgenden Jahren zogen hussitische Mannschaften mehrmals durch die Gegend, aber zu einer Belagerung kam es nicht mehr. Im Jahr 1439 kam die Burg in den Besitz des Jan z Vartenberka (Johann von Wartenberg), der sie zu Raubzügen in die Lausitz verwendete, weswegen im Jahre 1441 Zittau mit Unterstützung der anderen Lausitzer Sechsstädte die Burgen Karlsfried (Neuhaus) und Winterstein von Jan z Vartenberka kaufte und im folgenden Jahre abreißen ließ. Der Abbruch war aber nicht besonders gründlich, denn noch viele Jahre später wurden ihre Ruinen zur Gewinnung von Baumaterial ausgebeutet. Aus späteren Nachrichten erfährt man, dass noch 1525 die Gemeinde Lückendorf Holz aus der Ruine holte und 1690 vom Zittauer Stadtrat die Bewilligung bekam, Steine aus der Ruine zum Bau ihrer neuen Kirche zu verwenden. Trotzdem sollen noch 1721 die Mauern der oberen Burg bis in die Höhe des dritten Stockwerks gereicht haben und noch nach dem Brand von Zittau 1757 wurden von hier Bausteine, Tür- und Fenstergewände zum Bau neuer Häuser nach Zittau geführt. Erst dadurch wurde offensichtlich der Untergang der Burg besiegelt.
Die Reste der Ruine des Hauptturms.
Foto: Jiří Kühn.
Aus den unscheinbaren Resten der Burg kann heute ihre genaue Gestalt nicht mehr bestimmt werden. Der Felsvorsprung, der etwa 25 m über den Talboden aufsteigt, ist von dem übrigen Felsen im Süden durch eine natürliche Felsschlucht getrennt, über die einstens eine Brücke führte. Über der Schlucht erhob sich das Burgtor mit einem quadratischem Turm, der zusammen mit den anliegenden Felsen einen kleinen Burghof, aus dem man in die Oberburg mit dem Palais und dem quadratischen Bergfried gelangte, schützte. Im Nordwesten schloss sich an den Fuß des Burgfelsens ein von einer Mauer mit zwei Toren versehener Zollhof an, durch den die Handelsstraße führte. Der Rest des Tals zwischen diesem Hof und dem Fuß des Heidebergs war durch einen etwa 300 m langen Wall mit Graben gesperrt, der die Handelsleute zwang, durch den Zollhof zu fahren und dort den Zoll zu bezahlen.
Bis heute haben sich von dieser Burg nur unscheinbare, mit Bäumen und Gebüsch überwachsene Mauerreste erhalten. Auf der Südseite des Burgfelsens sind die Fundamente des quadratischen Turmes an dem ehemaligen Einfahrtstor sichtbar und auf dem höchsten Punkt im Nordosten steht ein etwa 1,5 m hoher Rest des Unterteils des Bergfriedes. Am Fuße der Straße stehen zwei alte Steinkreuze, die vom Zittauer Stadtrat zum Gedenken an die in der Schlacht von 1424 gefallenen Stadtbewohner errichtet wurden. Die Kreuze werden auch "Duellsteine" genannt, weil hier der Sage nach zwei Ritter im Zweikampf um ein Mädchen getötet worden sein sollen. Auf der anderen Seite der Straße in Richtung Heideberg befindet sich der noch deutlich sichtbare Wall mit Graben, der die Umgehung des Zollhofes verhinderte.
Der das Tal von der Burg bis zum Fusse des Heideberges sperrende Wall mit Graben.
Foto: Jiří Kühn.
Eines der an die Schlacht am 25. Januar 1424 erinnernden Steinkreuze.
Foto: Jiří Kühn.