Kerhartice
(Gersdorf)
Das Gebäude des ehemaligen Pfarrhauses vor der Kirche.
Foto: Jiří Kühn.
Kerhartice (Gersdorf) ist ein langgestrecktes Dorf im Tale des Bystrá-Baches
(Absbach, Ebersbach) und liegt etwa 3 km südlich von Česká
Kamenice, dessen Ortsteil es ist. Zum ersten Male wird es im Jahre 1382
erwähnt. Der ursprüngliche Name Gersdorf war wahrscheinlich vom Namen des Lokators
Gerhard abgeleitet. Nach der mündlichen Überlieferung stand in der Mitte des
Dorfes die Veste Assenburg, deren Spuren angeblich noch um die Mitte des 19. Jahrhundert
zu sehen waren. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Veste den Lutitzern
gehörte, die im nahen Markvartice (Markersdorf) sassen und die seit der Mitte
des 15. Jahrhundert ihre Besitztümer auch im unteren Teile von Kerhartice
hatten. Nach dem Verfall der Familie der Lutitzer im 17. Jahrhundert wurde dieser Teil des Dorfes
zur Kamnitzer Herrschaft der Familie Kinsky gezogen und zu Markvartice gehörte
dann nurmehr ein einziges Bauerngut.
Bis zum Zweiten Weltkrige blieb Kerhartice überwiegend ein Bauerndorf. Neben
der Feldwirtschaft beschäftigten sich die Einwohner mit Furhmannsdiensten, einige
auch mit Strumpfwirkerei, mit Spinnen, Färben und Bleichen von Garnen. Es gab
hier aber auch einige für die Glaswerke in Kamenický
Šenov (Steinschönau), Mistrovice
(Meistersdorf) und Oldřichov (Ulrichstal) arbeitende
Glasveredlungswerkstätten. Im Jahre 1860 hatte das Dorf 1060 Einwohner.
Das Dorf litt jedoch stark unter der Vertreibung der deutschen Bevölkerung nach
dem Krieg, da nur wenige neue Siedler kamen. Während das Dorf 1930 151 Häuser
und 698 Einwohner zählte, waren es 1961 nur noch 40 Häuser und 176 Einwohner.
Im Jahr 2011 hatte Kerhartice 49 Häuser und 118 Einwohner.
Kirche der hl. Maria Magdalena.
Foto: Jiří Kühn.
Auf einer kleinen Anhöhe im Dorfe steht die barocke Kirche zur hl. Maria Magdalena,
die in den Jahren 1775-1778 unter Mitwirkung des Architekten J. V. Kosch an
Stelle einer älteren kleinen Kirche aus dem 15. Jahrhundert erbaut wurde. Sie
ist einschiffig mit einem halbrund abgeschlossenen Altarraum und einem viereckigen
Turm an der Westseite. An die Seitenwände sind von aussen eine rechteckige Kapelle
und eine Sakristei, an deren Mauer sich eine Sonnenuhr befindet, angebaut.
Von der Innenausstattung der ursprünglichen Kirche hat sich ein Flügelaltar
vom Jahre 1507 erhalten, der 1887 in das Diözesanmuseum in Litoměřice (Leitmeritz)
überführt wurde. Ausserdem war hier auch noch ein Rokokoaltar der. hl. Jungfrau
Maria aus dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts mit der Statue der Kamnitzer
Jungfrau Maria und ein frühbarocker Altar zur Ausgiessung des Heiligen Geistes
aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
In den 1860er Jahren wurde auf dem Dachboden der Kirche eine gotische Statue der
Madonna von Kerhartice aus dem dritten Viertel des 14. Jahrhunderts gefunden,
die später in der Kirche in Jedlka (Höflitz) aufgestellt wurde und heute im Museum
in Děčín zu sehen ist.
Während der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde die Kirche ausgeraubt und
ihrem Schicksale überlassen, sodass am Ende nur noch die Umfassungsmauern übrig
blieben. Durch die Rekonstruktion in den 90er Jahren wurde aber die Kirche gerettet
und am 19. September 1998 wieder feierlich eingeweiht. Es wurden dabei auch
einige Grabsteine aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert renoviert, die jetzt
an ihrer Aussenmauer stehen.
Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs an der Straße unterhalb der Kirche.
Foto: Jiří Kühn.
Kapelle an der Strasse nach Huníkov (Henne).
Foto: Jiří Kühn.
Neben der Kirche steht das gut erhaltene einstöckige Holzhaus der früheren Pfarre
mit einem Mansardendach, an der Strasse unter ihr ein Denkmal der Gefallenen
des Ersten Weltkrieges. Im Dorf steht auch eine ganze Reihe typischer ebenerdiger
oder einstöckiger Umgebindehäuser. Etwas oberhalb der Kirche steht das denkmalgeschützte
zweistöckige Bauernhaus Nr. 20, etwas weiter oben um die Straßenbiegung herum
das denkmalgeschützte Umgebindehaus Nr. 32 und am oberen Ende des Dorfes,
abseits der Straße, das große zweistöckige Bauernhaus Nr. 44.
An der Strasse nach Huníkov
(Henne) steht eine barocke quadratische Kapelle aus dem ersten Drittel des
18. Jahrhunderts, in deren Nische früher eine Statue des hl. Georg stand. Im Jahre
1998 wurde die Kapelle renoviert und am 19. September neu eingeweiht. In der
umgebenden Landschaft haben sich auch noch einige alte Kreuze erhalten.
An der Kreuzung in Richtung Nový Oldřichov (Neu Ullrichstal) stand das ehemalige Gasthaus, in dem die Band „Plastic People of the Universe“ im März 1981 heimlich auftrat. Etwa 3 Wochen nach dem Konzert wurde das Haus niedergebrannt, wahrscheinlich auf Betreiben der damaligen Staatssicherheit.