Vysoká - Ostrý - Kozí hřbety
(Trögelsberg – Spitzstein - Ziegenrücken)
Steilstehende Sandstein-Felswand am Ostrý (Spitzstein).
Foto: Jiří Kühn.
Im östlichsten Zipfel des Lausitzer Gebirges liegt ein etwa 2 km langer Kamm,
an dessen Gipfel entlang sich eine wichtige geologische Grenze zieht, die meiwtens
als Lausitzer Störung bezeichnet wird.
Im Mesozoikum, ungefähr vor 90 Millionen Jahren, war das ganze Gebiet vom Meere
überschwemmt. Auf seinem Boden sammelten sich allmählich mächtige Sedimentschichten
an, durch deren Verfestigung Sandsteine und Konglomerate mit waagerecht liegenden
Schichten entstanden. Am Anfange des Tertiärs, ungefähr vor 60 Millionen Jahren,
kam es zu einem erneuten Aufleben der tektonischen Bewegungen, das sich in einem
Zerbrechen des ursprünglich zusammenhängenden Blockes der Erdkruste in zwei,
durch die Lausitzer Störung getrennte Teile äusserte. Gleichzeitig kam es zu
einem relativen Aufsteigen der nordöstlichen im Verhältnis zur südwestlichen
Scholle, die absank. Die entgegengesetzte Verschiebung der beiden Schollem an
der Lausitzer Störung bewirkte, dass die urspünglich waagerecht liegenden Sandsteinschichten
in der Nähe der Störung in eine schiefe, stellenweise bis fast senkrechte Stellung
aufgebogen wurden. In der späteren Entwicklungsphase wurden die Sandsteine der
hochgehobenen nordöstlichen Scholle Opfer einer intenziven Erosion, sodass sie
heute nicht mehr erhalten sind und an der Oberfläche deswegen die liegenden
phyllitischen Schiefer und Diabase des Kristallins des Ještěd-Kammes (Jeschkenkamme)
anstehen. Aus diesem Grunde äussert sich heutzutage die Lausitzer Störung als
eine scharfe Grenze zwischen den mesozoischen Sandsteinen im Südwesten und den
älteren Gesteinen im Nordosten.
Landvašský kříž (Landwachtkreuz).
Foto: Jiří Kühn.
Dieser Bergkamm beginnt bei Horní Sedlo
(Pass) mit dem Gipfel Ostrý (Spitzstein, 507 m), auf dessen Westabhange
unweit eines Schichtlinienweges die kleinen Sandsteinfelsen Trojzubec (Dreizack)
und Poutník (Pilger) stehen. An seinem östlichen Hange ist an einer Wegkreuzung
im Walde an einem Baume das sog. Landwachtkreuz (Landvašský kříž) befestigt,
auf das sich eine lokale Sage bezieht. Im Südosten vom Ostrý liegt ein kleiner
namenloser Hügel, auf dem Sandsteinfelsen mit sehr steilgestellten Schichten
aufgeschlossen sind. Die Oberfläche eines dieser Felsen trägt einen Harnisch,
einen sog. "tektonischen Spiegel", d. h. ein Stück Sandsteinoberfläche, das
durch die Reibung der Gesteinslöcke aneinander glattpoliert worden ist.
Weiter südöstlich befinden sich am Kamme die Kozí hřbety (Ziegenrücken)
- Sandsteinfelsen, deren südwestliche Seiten durch verhältnismässig glatte,
schiefgestellte Schichtflächen gebildet werden, während sie nach Nordosten in
bis 20 m hohen felsigen Steilwänden abfallen. An ihrem Fusse treten bereits
die metamorphen Gesteine des Kristallins des Ještěd-Kammes (Jeschkenkamm) zu
Tage, sind hier aber von Sandsteinschutt bedeckt. An einigen Stellen der Felsgipfel
gibt es schöne Ausblicke auf einige Gipfel des Lausitzer Gebirges und die Umgebung
von Česká Lípa (Böhmisch Leipa), oder nach Norden über das Tal der Lužická Nisa
(Neisse) weit nach Deutschland hinein.
Auf den Hängen diese Kammes befindet sich eine Reihe alter
Steinbrüche, in denen der feste Sandstein zu Bausteinen gebrochen wurde. Die
Steinmetzen stellten aus ihm Baustücke, Türrahmen, Treppenstufen oder Fensterbrüstungen,
aber auch Statuen, schmuckvolle Portale, Steinvasen und andere Schmuckstücke
her. Den grössten Aufschwung erlebte dieser Steinbruchbetrieb um die Wende des
18. und 19. Jahrhunderts, als seine Produkte zum Bau der Bürgerhäuser in Liberec
(Reichenberg) geführt wurden. Noch um 1835 waren die Brüche im Betrieb, später
lohnte sich die Arbeit nicht mehr und die Brüche wurden einer nach dem anderen
aufgelassen.
Ausser diesen Sandsteinen kommen hier an vielen Stellen auch Konglomerate mit
grösseren Geröllen und häufigen Abdrücken von Schalen mesozoischer Muscheln
vor. In die Wand eines der alten Steinbrüche ist der Name „Alexander von Humboldt“
und die Jahreszahl "1851" eingemeisselt. Alte Heimatkunden berichten, dass dieser
bedeutende deutsche Wissenschaftler und Forschungsreisende die hiesigen Steinbrüche
besucht hat, es hat sich aber kein glaubwürdiges Beleg darüber erhalten.
Kozí hřbety (Ziegenrücken), Felswände am Nordostabhang.
Foto: Jiří Kühn.
Gipfel des Kozí hřbety (Ziegenrückens).
Foto: Jiří Kühn.
Am Ende des Kammes ist der Gipfel Vysoká (Trögelsberg, 545 m). Er liegt bereits hinter der Lausitzer Störung und besteht daher aus paläozoischen Schiefern und Diabasen. Er trägt allerdings auf seinem südwestlichen Abhange auch Sandsteine, aus denen die bemerkenswerte Felsgruppe der Bílé kameny (Weissen Steine) besteht. In südöstlicher Richtung fällt sein Abhang steil gegen den Pass Jítravské sedlo (Windschänke), der das Lužické hory-Gebirge (Lausitzer Gebirge) vom Kamme Ještědský hřbet (Jeschkenkamm) trennt. Über diesen Pass führt die Hauptstrasse von Děčín (Tetschen) nach Liberec (Reichenberg). Früher stand hier das beliebte Restaurant Na Větrníku (Windschänke), die aber am Anfange der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts abgerissen worden ist.
Entlang des Scheitels des Kammes führt von Jítrava
(Pankratz, Deutsch Pankratz) nach Horní
Sedlo (Pass) ein Teil des Naturlehrpfades "Lausitzer Überschiebung". Am
Nordostabhange dieses Kammes befindet sich eine Reihe der leichten Infanteriebunker,
die im Laufe der Jahre 1937 - 1938 als Bestandteil des Grenzbefestigung gebaut
worden sind. Diese Befestigungslinie konnte allerdings nicht mehr fertiggestellt
werden, so dass es hier nicht mehr zum Bau der im Bereich des Jítravské sedlo
geplanten grossen Artilleriebunker kam.
Zur Zeit der Elster-Eiszeit reichte der Festlandsgletscher von Norden her bis
zum Jítravské sedlo-Pass. In der Umgebung von Jítrava haben sich Reste seiner
Gletschersedimente erhalten können, deren Gesteinsmaterial zum Teile aus entfernten
Nordländern stammt. Am Nordrande von Jítrava wurde in diesen Moränensedimenten
eine Sandgrube eröffnet, die aber leider heute vollständig zugewachsen ist.