Pavlínino údolí
(Paulinengrund)

Das Tal Pavlínino údolí (Paulinengrund), manchmal auch "Pavlino údolí" genannt, ist ein etwa 3,5 km langes canyonartiges Tal, das der Chřibská Kamenice-Bach in den Kreidesandsteinen zwischen Studený (Kaltenbach), Rynartice und Jetřichovice (Dittersbach) gebildet hat. Das Tal fängt unterhalb der früheren Einschicht Na Potokách (Bachhäuser) an der Strasse von Chřibská (Kreibitz) nach Rynartice (Rennersdorf) an, führt erst fast genau nach Süden und dreht sich nach 1,5 km an der Einmündung des Studený potok (Kaltenbach) nach Westen in Richtung auf Všemily (Schemel). Dieses enge und stellenweise bis 120 m tiefe Waldtal schlängelt sich zwischen steilen felsigen Abhängen hin und endet bei der ehemaligen Grieselmühle etwa 1 km südlich von Jetřichovice (Dittersbach). Durch diesen romantischen Canyon führt ein sehr beliebter Wanderpfad mit einigen Brücken, die 1864 von der Dittersbacher Abteilung des Gebirgsvereines für die Böhmische Schweiz gebaut worden ist.

Wegen seiner naturwissenschaftlichen und ästhetischen Bedeutung wurde das Pavlínino údolí 1993 zum Naturschutzgebiet ausgewiesen. Auf seinen steilen Abhängen wuchs ursprünglich ein Tannen-Buchenwald, den man später teilweise durch eine Fichtenmonokultur ersetzte. Die Sandsteinfelsen sind mit Kiefern bewachsen und die Bachufer begleiten Erlen, Eschen und Weiden. In der Nähe des Wasserlaufes wächst die Hohe Schlüsselblume und der seltene Wiesenschachtelhalm, die Akelei-Wiesenraute, das gegenblättrige und wechselblättrige Milzkraut, die Schuppenwurz; die Waldpflanzen sind vertreten z. B. durch den Rippenfarn, das Engelsüss, den Waldgeissbart, den Purpur-Hasenlattich, den hohlen Lerchensporn oder das gemeine Heidekraut.
Das Naturschutzgebiet bietet auch verschiedenen Tierarten einen Zufluchtsort. Es kommen hier z. B. Gämsen vor, die in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts unweit von hier ausgesetzt worden sind. Im Bach lebt das Bach-Neunauge und die Forelle, in seiner Umgebung kommt der Fischotter, der Eisvogel und der Schwarzstorch vor. Regelmässig nistet hier die Wasseramsel und die Gebirgsstelze. Häufig ist die Wasserfledermaus, es wurde hier auch das Vorkommen der seltenen Brandtschen Fledermaus festgestellt.

Am Westende des Tales bei Jetřichovice steht die nach ihrem ersten Besitzer benannte ehemalige Grieselův mlýn (Grieselmühle). Sie bestand bereits im 17. Jh. und wurde im 19. Jh. zu einer Garnspinnerei umgebaut, die bis 1905 im Betrieb war. Zum Antrieb wurde durch einen zum Teil im Fels ausgehauenen Mühlgraben zugeführtes Wasser verwendet. Im Jahr 1955 wurde das Gebäude in eine Freiluftschule umgewandelt und steht heute leer. Bei der ehemalige Mühle liegt der Grieselův rybník (Grieselteich), der früher auch "Pavlínino jezero" (Paulinen-See) genannt wurde, und im Tal unweit hinter ihm befindet sich ein Rusalčina jeskyně (Najadenhöhle) bezeichneter Felsüberhang. Gegenüber der Grieselmühle ragt ein etwa 80 m hoher, früher Grieselhorn genannter Felsvorsprung empor. 1887 versah ihn der Mühlenbesitzer mit einem eisernen Geländer und stellte auf ihm eine Windfahne auf, da man im Tal die Windrichtung nicht feststellen konnte. Von diesem Felsvorsprung hatte man auch einen schönen Ausblick auf Jetřichovice.
Im Nebental, durch das der Waldpfad von der Grieselmühle nach Česká Kamenice (Böhmisch Kamnitz) führt, ist in einem kleinen Felsblock an der linken Seite eine Nische ausgehauen, in der vor dem Kriege eine Statue des gegeisselten Christus aufgestellt war.

Weitere Informationen

Text: Jiří Kühn; Übersetzung: Petr Kühn und Björn Ehrlich, Mai 2022.