Václavice
(Wetzwalde)
Das zweistöckiges Haus Nr. 235 im unteren Teil des Dorfes.
Foto: Jiří Kühn.
Václavice (Wetzwalde) ist ein langgestrecktes Dorf im Tal des Václavický Baches (Wetzwalder Bach), etwa 5 km östlich von Hrádek nad Nisou (Grottau), wohin es heute eingemeindet ist. Es hat etwa 400 Einwohner. Das Dorf wurde im 13. Jahrhundert gegründet und erstmals 1326 als Wezillwalde erwähnt, als es bereits eine eigene Kirche hatte. In der Folgezeit setzte sich der Name Wetzwalde durch und wurde bis 1945 verwendet. Der Legende nach erinnert der Name an den Siedler Watzlik, der hier sein erstes Haus baute.
Václavice gehörte zur Herrschaft Grabštejn (Grafenstein) und hatte zwei herrschaftliche Hofstellen. Der Tschuschhof oder Edelhof am oberen Ende des Dorfes wurde 1630 von Hans von Nostitz bewohnt und im unteren Teil des Dorfes befand sich der Schwarze oder Kleine Hof, dessen Besitzer nicht mehr bekannt ist. Die meisten Einwohner von Václavice arbeiteten einst auf diesen Höfen. Die Ländereien der beiden Lehnsherren wurden jedoch durch den Dreißigjährigen Krieg stark in Mitleidenschaft gezogen, in dessen Verlauf fast das gesamte Dorf und seine Kirche zerstört wurden. Nach dem Krieg mussten die Nichtkatholiken ins Exil gehen, so dass zwischen 1651 und 1696 etwa hundert Menschen Václavice verließen, von denen sich viele gleich hinter der Grenze in der Stadt Reichenau (dem heutigen Bogatynia) niederließen. Nach der Zerstörung der Kirche hingen die Bewohner von Václavice lange Zeit an Chrastava (Kratzau). Erst im Jahre 1699 wurde hier eine neue Kirche gebaut, die 1787 umgebaut und erweitert wurde. Bis zur Verwaltungsreform in der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Václavice einen eigenen Amtmann, dessen Posten innerhalb der Familien Worm, Thiel und Pietsch vererbt wurde.
Das ehemalige Schulgebäude aus dem Jahr 1898 ist heute im Besitz der Garnfabrik Hagal.
Foto: Jiří Kühn.
Im 18. Jahrhundert wurde das Leben der Dorfbewohner durch die preußisch-österreichischen Kriege stark beeinträchtigt, in denen die Soldaten viele Lebensmittel und Vorräte requirierten, so dass die Bewohner oft an Hunger litten. Ebenfalls Ende Juni 1866 lagerten die Preußen im oberen Teil des Dorfes. Einige von ihnen blieben dort bis September. Die Einwohner lebten hauptsächlich von der Landwirtschaft und verschiedenen Handwerken. Viele von ihnen verdienten ihren Lebensunterhalt mit der Weberei. Im Jahr 1873 gab es noch 237 Hausweber im Dorf. Einige der Männer arbeiteten in den Braunkohlegruben in Hradek. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde auch eine Grube in Václavice eröffnet. Die Kohle daraus war jedoch von so schlechter Qualität, dass sie nur als organischer Dünger zur Stabilisierung der Bodenstruktur eingesetzt wurde. Bis 1859 wurde daraus auch Schwefelsäure hergestellt.
Bereits im 17. Jahrhundert gab es in Václavice eine Schule. Damals wurde im heute nicht mehr existierenden Haus Nr. 83 unterrichtet. Im Jahre 1864 kaufte die Gemeinde das Haus Nr. 216, das bis zum Ende des Jahrhunderts für den Unterricht genutzt wurde. Am 10. September 1898 wurde eine neue Schule eröffnet. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte das Dorf etwa 600 Einwohner. Es gab 2 Mühlen, mehrere Maurer und Zimmerleute, 3 Bäcker, einen Stellmacher, einen Sattler, einen Tischler, einen Schuhmacher, einen Schneider, einen Schlosser, einen Metzger, einen Schmied und mehrere andere Handwerker.
Eines der ursprünglichen Bauernhäuser mit einem Unterbau und einem Fachwerkstockwerk.
Foto: Jiří Kühn.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die einheimischen Deutschen vertrieben. Neue Einwohner aus dem tschechischen Hinterland kamen in ihre Häuser. Am 28. Dezember 1945 wurde der Name der Gemeinde Wetzwalde in Václavice geändert. Im März 1949 wurde hier eine der ersten landwirtschaftlichen Genossenschaften im Lande gegründet. Es gab aber nur wenige neue Bewohner, so dass viele Häuser und Bauernhöfe unbewohnt blieben und etwa 180 später abgerissen wurden. Das gleiche Schicksal ereilte in den 1970er Jahren die baufällige Hl. Jakobus Kirche. Im Jahre 1980 wurde die Gemeinde nach Hrádek nad Nisou eingemeindet.
Die Dominante von Václavice war früher die barocke Hl. Jakobus-Kirche aus dem Jahr 1699, die umgeben von einem Friedhof auf einer Anhöhe in der Mitte des Dorfes stand. Im Jahr 1787 wurde sie komplett umgebaut, vergrößert und um einen hohen prismenförmigen Turm ergänzt. Ein weiterer Umbau erfolgte in den 1880er Jahren. Das Innere der Kirche war reich verziert. Auf dem Hauptaltar, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts von dem Holzschnitzer Jan Hájek aus Mnichovo hradiště (Münchengrätz) angefertigt wurde, befand sich ein Gemälde des heiligen Jakobus aus dem Jahr 1781 von Ignaz Müller aus Rychnov (Reichenau). Auch die Kanzel mit der Darstellung von Christus und der Heiligen Dreifaltigkeit war ein Meisterwerk von Hájek. Das spätgotische steinerne Taufbecken in Form eines Eies stammt aus dem 15. Jahrhundert. Die Innenausstattttung wurde durch ein wertvolles Gemälde der Leidenden Mutter Gottes aus dem 18. Jahrhundert, ein Gemälde des Ecce Homo aus dem Jahr 1835 des Liberecer Künstlers Jakob Ginzel und einige Bilder des Chrastavaer Malers August Jonas ergänzt. Das Kirchenschiff wurde von einem großen Kristallkronleuter aus dem Jahr 1863 aus Prácheň (Parchen) und einem hölzernen Kronleuchter in Form einer Riesenblume aus dem frühen 19. Jahrhundert beleuchtet.
Das Ehemalige Pfarrhaus von 1790.
Foto: Jiří Kühn.
Nach 1945 verfiel die Kirche und wurde in den 1970er Jahren abgerissen. Auf dem Friedhof ist nur noch eine leere Rasenfläche vorhanden. Die Friedhofsmauer wurde mit alten Grabsteinen und Kreuzweg-Kapellen im Empire-Stil aus der Zeit um 1800 versehen. Im hinteren Teil des Friedhofs ist eine Leichenhalle erhalten geblieben, neben der ein massives Steindenkmal mit Tafeln mit den Namen von 54 Opfern des Ersten Weltkriegs aus Václavice und Uhelná (Kohlige) steht.
In der Nähe des Friedhofs steht das eingeschossige Gebäude des ehemaligen Pfarrhauses mit einem Mittelgiebel und Mansardendach, das vom Liberecer Baumeister Johann Josef Kunz entworfen wurde. Das Gebäude aus dem Jahr 1790 ist noch in fast unveränderter Form erhalten. An der Abzweigung zum Friedhof steht ein etwa ein Meter hohes Sandsteinkreuz, unter dem der Legende nach ein unbekannter schwedischer General während des Dreißigjährigen Krieges begraben wurde. Von dort führt der Weg um den Friedhof herum über die Felder zu einer Kreuzung mit schöner Aussicht auf die Umgebung. Unter zwei Lindenbäumen steht das Schulkreuz aus dem Jahr 1788.
Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs auf dem Friedhof.
Foto: Jiří Kühn.
Sühnekreuz aus Sandstein in der Nähe des Friedhofs.
Foto: Jiří Kühn.
Etwa 150 m östlich des Friedhofs steht oberhalb der Straße das große ehemalige Schulgebäude, das anlässlich des 50-jährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Joseph I. errichtet und am 10. September 1898 eingeweiht wurde. Im Jahr 1982 wurde es entwidmet und verfiel allmählich, wurde dann aber durch die Garnfabrik Hagal vor dem Ruin bewahrt und wieder aufgebaut. Am Hang unterhalb der Schule stand zwischen zwei mächtigen Buchen ein Granitdenkmal mit einer Büste von Kaiser Franz Joseph I., das später durch ein Denkmal für Friedrich Ludwig Jahn, den Begründer der deutschen Turnbewegung, ersetzt und 1945 zerstört wurde.
Haus Nr. 160 mit Fachwerkboden und Giebel in der Ortsmitte.
Foto: Jiří Kühn.
In Václavice sind einige wertvolle volkstümliche Fachwerkbauten erhalten geblieben, von denen es einst etwa vierzig gab. Die zweigeschossigen Fachwerkhäuser Nr. 81 und 168 in der Ortsmitte stehen unter Denkmalschutz. Interessant ist auch das Haus Nr. 160, das nicht nur ein Fachwerkgeschoss, sondern auch zwei Giebel hat. Das steinerne Eingangsportal trägt die Jahreszahl 1794 und darüber eine kleine Nische mit einer Marienstatue. Im unteren Teil des Dorfes, an der Abzweigung des Feldweges nach Uhelná, steht das schöne zweistöckige Haus Nr. 235, an dem der Besitzer der Windmühle in Uhelná, Josef Scholze, im Jahre 1855 eine schöne Sandsteinstatue des heiligen Johannes von Nepomuk aufstellen ließ. Eine weitere schöne Statue der unbefleckten Jungfrau Maria aus dem Jahre 1802 steht beim Bauernhaus Nr. 27 an der Straße, die am südlichen Rand des Dorfes entlang führt. Nicht weit davon entfernt, zwischen zwei Silberfichten, steht eine hohe Steinsäule mit einem Relief der Pieta und einem Kreuz, welches 1865 von dem Bauern Franz Thiel bei seinem später abgerissenen Bauernhaus Nr. 26 errichtet wurde.
Die Statue des heiligen Johannes von Nepomuk am Haus Nr. 235.
Foto: Jiří Kühn.
Die Statue der Unbefleckten Jungfrau Maria aus dem Jahr 1802.
Foto: Jiří Kühn.
Am südwestlichen Ende des Dorfes befindet sich das ehemalige Gasthaus Bažantnice (Fasanerie), dessen Gebäude heute von der Firma Zapa für den Betrieb der dort ansässigen Sandgruben genutzt wird. Hinter der Unterführung der Hauptstraße befindet sich die Stauanlage Václavická přehrada, die als Fischteich genutzt wird. Etwa 15 km südwestlich davon befindet sich die Burg Grabštejn. Der höchste Punkt der Gegend um Václavice ist der etwa 3,5 km entfernte Grenzberg Výhledy (Gickelsberg), von dessen Hängen sich schöne Ausblicke über das Neißetal bis zum Ještěd-Kamm und dem Lausitzer Gebirge bieten.
Wegkreuzung mit dem Schulkreuz auf den Feldern nördlich des Friedhofs.
Foto: Jiří Kühn.
Walter Thiel (1919-2012), ein bekannter Arzt und Professor für Anatomie, wurde in Václavice geboren. Von 1960 bis 1990 war er Vorstand des Anatomischen Instituts der Universität Graz, Österreich. Seine Präparationsmethode ist weltweit als Thiel-Fixierung bekannt.