Kriegerdenkmale unterm Kaltenberg

Das Lausitzer Gebirge senkt sich gegen Westen steil zur Böhmischen Schweiz ab. Als letzter in der Bergkette, die auch "Kreibitzer Säge" genannt wurde, erhebt sich der majestätische Gipfel des Kaltenberges. Wanderer sind hier seltener anzutreffen - auf den bewaldeten Gipfel führt zwar ein markierter Wanderweg, aber es fehlt an einer Gastwirtschaft und der Aussichtsturm von 1888 wurde vom Zahn der Zeit schon fast zerstört. Die geschlossenen Waldbestände werden hie und da von einem Geröllfeld oder einer Waldwiese aufgelichtet. Es passiert nicht selten, dass wir uns hier beobachtet fühlen - beäugt von einer neugierigen Gemse, deren Vorfahr hier anfangs des 20. Jahrhunderts unter dem Fürsten von Kinsky ausgesetzt wurde. Es gab aber Zeiten, als es hier nicht so idyllisch und friedlich war. Am Fuße des Kaltenberges spielte sich die blutigste Schlacht ab, die unsere Bergwelt gesehen hat.

Es war im Siebenjährigen Krieg, unter der Regierung ihrer Majestät Maria Theresia. Sie bestieg den Thron schon in jungen Jahren, was die benachbarten Landesherren als Schwäche betrachteten und ausnützen wollten, um einzelne Länder der Monarchie an sich zu bringen. Besonders der preußische König Friedrich II. wollte sie zur Abtretung Schlesiens an Preußen zwingen. Am 18. Juni 1757 war zwischen der preußischen und der österreichischen Armee die Schlacht bei Kolin geschlagen worden, die nach siebenmaligen Angriffen der Preußen zu Gunsten der Österreicher - unter dem Kommando des Feldmarschalls Graf Leopold Daun - ausging. Beide Armeen hatten sehr große Verluste an Toten und Verwundeten zu verzeichnen. Der König von Preußen teilte nach dieser Schlacht seine Heere in drei Teile und zog dem nördlichen Böhmen zu, wo er am 27. Juni bei Leitmeritz am rechten Elbeufer ein Lager bezog. Der General Marschall Keith begab sich von der Verschanzung auf dem Weißen Berge über Welwarn und Budin nach Lobositz. Die dritte Armee unter dem Prinzen August Wilhelm von Preußen zog über Jungbunzlau nach Leipa, wo der Prinz ein Lager aufschlug und ungefähr zwei Wochen stehen blieb.
Nachdem die Österreicher den Preußen auf den Fersen gefolgt waren, kam es bei Gabel am 15. Juli zu einem ernsten Kampf, in dessen Folge die Preußen diese Stadt räumen mussten. Die Stadt Gabel ist der Schlüssel zu dem Engpass Lückendorf gegen Zittau, wo die Preußen ihr Magazin hatten. Durch den unglücklichen Ausgang des Kampfes am 15. Juli war den Preußen die Rückzugslinie nach Sachsen abgeschnitten. Auch der Schöberpass wurde von der österreichischen Infanterie besetzt, so dass sich die Preußen veranlasst sahen, den Rückzug am 17. Juni von Leipa über Oberliebich, Wolfersdorf, Gersdorf und Freudenberg nach Böhmisch-Kamnitz anzutreten, um nach Zittau zu gelangen. Sie wurden aber ständig von den leichten Scharen der Generäle Haddick und Morcz umschwärmt. Am 18. Juli zog der Herzog von Bevern mit der preußischen Vorhut von Kamnitz über Oberkamnitz nach Kreibitz und das ganze Heer wagte unter dem Schutze von einem Husaren-, zwei Kavallerie- und vier Infanterie-Regimentern einen Nachtmarsch. Infolge der Dunkelheit mussten Laternen und Fackeln den Weg beleuchten. Der nächtliche Zug wurde von den Österreichern unter General Beck beim Dorfe Hasel von drei Seiten überfallen. Tausend Kroaten und Slavonier, meistens Warasdiner, hatten sich samt dreihundert Husaren im Walde festgesetzt.
Die preußischen Grenadiere feuerten mit vier Stücken auf die Slavonier, aber diese jagten die Grenadiere zurück, so dass viele stürzten und unter ihre eigenen Pferde kamen. Endlich erkannten die Preußen, dass die Bagage, Munition und Pontons nicht zu retten waren, da die Warasdiner alles über den Haufen warfen, die Stränge abschnitten und die Räder zertrümmerten, sowie denn auch die Kroaten sechs Stück unbrauchbar machten. Fünfzehn Pontonwagen wurden zerstört, viele auch in das Gebirge gebracht. Die beste Bagage, welche zur Beute fiel, wurde mit den Pferden nach Falkenau-Kittlitz geschafft. Zwei Stück waren erbeutet, vier ruiniert, doch dreiundviezig wurden von dannen gebracht. Die Verluste der Preußen an Toten, Verwundeten und Gefangenen waren bedeutend. Die Österreicher zählten 72 Tote, 94 Verwundete. Auch wurde das Pferd des Generals Beck unter seinem Leibe erschossen.
Ein zweiter Überfall geschah am nordwestlichen Fuß des Kaltenberges vor Kaltenbach. General Haddick hatte mit vier Bataillonen und acht Kanonen den Berg zu besetzen. Er stellte seine Leute auf drei Anhöhen auf und befahl am 19. Juli zwischen 5 und 6 Uhr abends drei Mal einen Angriff auf die vorbeiziehenden Preußen. Der Feind zog sich ein wenig zurück und es wurden 46 Wagen mit Bagage, Munition und 184 Pferde erbeutet. Auch nahmen die Kroaten zwei Kanonen.
Die Preußen widersetzten sich nun noch energischer, da ihnen sechs Bataillone zu Hilfe kamen. 2000 Brandenburger wollten eine Anhöhe behaupten, wurden aber von Kleefeld, der mit dem Säbel eindrang, unter großen Verlusten verdrängt. Endlich nach 3 1/2 stündigem Kampf zog sich General Haddick zurück, da die eigene wie die eroberte Munition bereits verschossen war. Die eroberten Stücke konnten erst am frühen Morgen mit großer Mühe fortgebracht werden. Die Österreicher zählten 164 Tote und 264 Verwundete, von den Preußen waren 486 gefallen, 135 gefangen und 422 übergelaufen. Bemerkenswert ist, dass von den Kaiserlichen ein Feldwebel mit 32 Mann so weit vorgedrungen war, dass ihm nichts übrig zu bleiben schien, als sich zu ergeben. Er ergab sich aber nicht, sondern es gelang ihm, sich mit 13 Mann herauszuhauen.
Am 20. Juli zog der preußische General Winterfeld mit einer Abteilung denselben Weg entlang und ließ die Straße räumen, damit eine Abteilung denselben Weg nutzen konnte. General Beck sandte nun 100 Kroaten und 100 Husaren nach St. Georgenthal, er selbst begab sich mit 1000 Kroaten und 500 Reitern nach Tollenstein, und 200 Mann sollten die Wege in der Nähe des Kaltenberges bewachen.
Auf der Höhe des Kaltenberges stand Oberstwachtmeister O´Donnell mit 300 Reitern. Auf dem Wege zogen am 21. Juli 400 preußische Wagen dahin. O´Donnell wartete, bis die Preußen in einen engen Weg einfuhren, dann ließ er hundert Reiter absitzen und die Bedeckung angreifen, während die übrigen Reiter durch eifriges Schießen den Schein einer Übermacht zu erwecken suchten. Die Angegriffenen steckten einige Wagen in Brand, die übrigen ließen sie nebst 23 Toten im Stich. An diesem 20. Juli gelangte die preußische Infanterie über Hasel, die Kavallerie über Kunnersdorf und Kaltenbach, nach Kreibitz.
Am heftigsten tobte der Kampf in der sog. Dreh an der Grenze zwischen Hasel und Kunnersdorf, dann beim Hasler grünen Kreuz, ferner auf den Hasler Folgen, auf der Kriegerwies, am Breiten Berge, im Preußenhaue, auf dem Klötzerplan und bei der Judenbrücke. Hier lagen die Toten in großen Haufen, desgleichen am Kaltenberge, im Blauen Meere, in Lumpes Wiesen und am Plissenberge. Am 22. Juli, am Feste Maria Magdalena wurden die Toten begraben.1) Die in Kaltenbach gefallenen Krieger lagen in Tschakerts Gräbern, wo man noch lange Zeit ganze Reihen vergraster Grabhügel sehen konnte. Die meisten Toten begrub man auf einer Waldlichtung, wo später beim Straßenbau von Böhmisch-Kamnitz nach Kreibitz das Forsthaus gebaut wurde. Man hat daselbst an einer Buche ein Kreuz angebracht und deshalb die Waldlichtung mit den Soldatengräbern ,,bei der Kreuzbuch" genannt. Nachdem der Wald gefällt wurde, übertrug man das Kreuz mit dem Bildnis des gekreuzigten Christus an einen anderen Baumstamm. Unter diesen Bäumen sah man noch lange die Furchen und Einschnitte der oben erwähnten Soldatengräber. Fast alle Wanderer, welche die Straße zu Tausenden jahrein, jahraus passierten, zogen ehrfurchtsvoll ihren Hut, ohne jedoch zu wissen, aus welchem Grunde sich das kleine Bildnis an diesem Baume befand.2)
Die Tradition der Erneuerung des Kreuzes setzt sich bis heute fort. Zuletzt wurde 2002 ein kleines Kreuz an einer Buche befestigt und 1995 stellte man neben dem ehemaligen Forsthaus an der Straße ein großes Holzkreuz auf. Auch der Name der Örtlichkeit "Bei der Kreuzbuche" wurde ins Tschechische wortwörtlich übersetzt - es heißt hier heute "U Křížového Buku".

An die schweren Gefechte des Siebenjährigen Krieges vom 18. bis 21. Juli 1757 erinnern an zwei Stellen heutzutage steinerne Denkmäler.3) Sie wurden in den Jahren 1903 und 1906 vom Offiziersveteranen Eduard Lehmann aus Kreibitz errichtet. Das Denkmal von 1906 steht in Oberhasel an der Weggabelung am Sattel zwischen dem Kleinen Ahrenberg und dem Goldberg. Es wurde von dem Böhmisch-Kamnitzer Bildhauer Julius Hermann angefertigt4) Nach 1945 wurde das Denkmal mehrmals umgestürzt und wieder neu aufgerichtet (zuletzt im Jahre 1984), so ist es in einem schlechten Zustand. Am Sockel sind zwei gekreuzte Säbel mit einem Eichen- und Lorbeerkranz. Den einst weißen Obelisk krönte eine niederschwebende Friedenstaube. Noch heute ist hier folgende Inschrift zu lesen: "Zur ehrenden Erinnerung an die gefallenen tapferen österreichischen und preußischen Krieger, welche in treuer Pflichterfüllung in der Zeit vom 18. bis 21. Juli 1757 für Kaiser, König und Vaterland hier den Heldentod erlitten haben. Gott schenke ihnen den ewigen Frieden."
Ein weiteres Denkmal von Eduard Lehmann findet man am nordwestlichen Fuße des Kaltenberges an der rechten Straßenseite, etwa 350 m hinter Kaltenbach in Richtung Kunnersdorf, an der Stelle, wo sich früher die Massengräber befanden. Hier stehen nebeneinander zwei Denkmäler. Am rechten, stark verwitterten, sieht man zwei gekreuzte Säbel, mit einem Kranz aus Eiche und Lorbeer umgeben und folgende schwer lesbare Inschrift: "Errichtet am 23. August 1903 von Eduard Lehmann".5) Das linke Denkmal hat die Form einer schlanken Sandsteinpyramide. Auch diese beiden Denkmäler wurden nach dem Zweiten Weltkrieg umgestürzt, und in einige Teile zerschlagen. Die Beschädigungen des linken Obeliskes hatten ein derartiges Ausmaß erreicht, das eine Ausbesserung nicht mehr in Frage kam. So wurde das Denkmal durch eine genaue Replik ersetzt.6) An seiner Vorderseite wurde folgende Inschrift erneuert: "Zur Erinnerung an die am 19. und 20. Juli 1757 im Kampfe gefallenen und hier begrabenen österreichischen und preußischen Soldaten. Gott schenke ihnen den ewigen Frieden."

Die Inschriften an den Denkmälern bei Hasel und bei Kaltenbach bekunden Ehre und Frieden den gefallenen Soldaten, ohne Unterschied, auf welcher Seite sie standen. Welch edler Gedanke! Er gibt uns schon jetzt die Vorahnung der sicheren Zukunft jedes Menschens - in der Stunde des Todes werden wir uns alle gleich.

Anmerkungen und Literatur

  1. Noch um 1900 fanden die Waldarbeiter bei ihrer Arbeit Reste von Munition und Ausrüstung.
  2. Die Kämpfe um den Kaltenberg schildern u. a. folgende Quellen:
    Paudler: Der neue Kammweg, S. 169-171. Böhmisch Leipa 1904.
    F. Hantschel: Nordböhmischer Touristenführer, S. 159-161. Böhmisch Leipa 1907.
    F. Němeček: Nejkrvavější bitva v Českém Švýcarsku před 208 lety. Z minulosti Děčínska, 1. Teil, S. 249-251. Děčín 1965.
  3. Ein weiteres Denkmal befand sich in Hillemühl. Wir verdanken es dem dortigen Müller und Richter Ferdinand Endler. Dieser zeigte den österreichischen Soldaten, welche im Wald verstreut waren und herumirrten, den Weg aus dem Wald und führte sie wieder zusammen. Am rechten Ufer des Brandflosses, unweit von Nr. 21, errichtete er ein Gedenkkreuz (das spätere Gemeindekreuz), das 1830 renoviert und rot angestrichen wurde. Bei der Erweiterung der Bahnstation wurde das Kreuz von einem Obelisk ersetzt, der folgende Inschrift trug: "Zum Andenken an das Gefecht in hies. Gegend 1757, wo Ferd. Endler, Müller in Hillemühl, versprengtes österreichisches Millitär zurechtführte und vom Kaiser Josef II. 1779 eine gold. Denkmünze und 100 Dukaten erhielt. - Neu errichtet von der Ortsvertretung im J. 1892." Es ist nicht bekannt, wann der Obelisk vernichtet wurde. (F. Hantschel: Nordböhmischer Touristenführer, S. 172. Böhmisch Leipa 1907. H. Slavíčková, F. Cvrk: Kytlicko, S. 97. Děčín 1993).
  4. Aus der Zeit der Errichtung des Kriegerdenkmals bei Hasel gibt es eine photographische Aufnahme mit den Enkeln von Eduard Lehmann zu beiden Seiten des Denkmals, das eingezäunt ist. Neben der Errichtung der Kriegerdenkmale in Kreibitz, Niederkreibitz, Teichstatt, Kaltenbach und dem sächsischen Hochkirch gab Lehmann zahlreiche Schriften heraus, die sich vor allem mit vergessenen Soldatengräbern befassten. Den Reinerlös ließ der selbstlose Mann hilfsbedürftigen Veteranen zukommen. Am 28. April 1909 wurde ihm im Beisein vieler Honoratioren und einer großen Menschenmenge auf dem Kreibitzer Marktplatz das vom Kaiser verliehene "Goldene Verdienstkreuz mit der Krone" an die Brust geheftet. (A. Gampe: Still träumt ein Denkmal vor sich hin. Unser Niederland, Nr. 554, S. 14-15. Backnang 1996.)
  5. Zum Anlass der feierlichen Enthüllung und Weihe wurde eine Gedenkschrift herausgegeben (bei K. Stein), wonach bei der Feierlichkeit über 10 000 Teilnehmer anwesend waren. Die Enthüllung fand in Gegenwart von Vertretern der k. k. Behörden und Ämtern, der hochw. Geistlichkeit, einer Abteilung des k. u. k. Inf.-Reg. Nr. 94 mit der vollständigen Regimentsmusik usw. statt. Fräulein Ida Patzelt hob Lehmanns Verdienste hervor und übergab ihm ein Blumen-Bouquets. Der Stifter bedankte sich und versprach, "auch fernerhin für die Erhaltung und Pflege der Soldatengräber und Denkmäler der gefallenen Krieger, ob sie Freund oder Feind, mit Sorge zu tragen, sowie den alten hilfsbedürftigen Veteranen-Kameraden und deren Wittwen und Waisen nach Möglichkeit hilfreich beizuspringen."
    Bis 1912 stand das linke Denkmal an der anderen Straßenseite, dreihundert Meter südlicher, auf den Tschakert´schen Gräbern. Das rechte Denkmal wurde Nittels Kreuz genannt (nach alten Landkarten und Mitteilung von Helmut Limpächer, aus Kaltenbach am 20. 10. 2000).
  6. Den neuen Sandsteinobelisk erstellte der Bodenbacher Steinmetzt Jan Pokorný im Jahre 1997. Die Kosten besorgte aus einem amerikanischen Fond Amy Arends, eine Amerikanerin, die in den Jahren 1994 bis 1997 als Mitglied der sogenannten Friedenstruppen in der Verwaltung des Landschaftsschutzgebietes in Tetschen arbeitete.