Die Sankt-Antonius-Statue - ein historisches Kleinod des Zeidelbachtales
Wer sich die Böhmische
Schweiz von Norden aus erwandern möchte, wähle in Zeidler den blau markierten
Weg. Hat der Wanderer das Dorf Hemmehübel passiert, wird er nach wenigen Metern
Weges verwundert stehen bleiben, denn ein steinerner Bildstock am rechten Wegesrand
zieht die Aufmerksamkeit auf sich.
Auf einem viereckigen Sockel ruht ein runder
Schaft mit einer Statue des hl. Antonius als oberer Abschluss. Der Heilige trägt
auf seinem rechten Arm das Jesuskind, welches auf einem Buch sitzt, in seiner
Linken hält er eine Lilie als Symbol der Reinheit. Den Grund zur Errichtung
der Statue nennt uns die Inschrift am Sockel. Sie lautet: "1707 den 6. Jullie
in der 11 stund hat ich mein ent da hier. Johannes Zimmer." Inmitten des Schriftfeldes
kniet Johannes Zimmer in seiner Bauerntracht, wobei er zugleich aus einem aufgeschlagenen
Buch betet. Die Plastik steht demnach noch in der Tradition des spätmittelalterlichen
Adoranten. Wie ein Nachfahre des Umgekommenen berichtete, soll Johannes Zimmer
beim Brechen von Mühlstein verunglückt sein.1)
Die Gedenksäule stand früher etwas nördlicher am Abhang des östlich gelegenen
Mühlsteinrückens.2) Offensichtlich
wurden hier einst Mühlsteine für die hiesigen Mühlen gebrochen.3)
Als man um 1927 die Straße durch das Zeidel- oder Zeidlerbachtal ausbaute und
stellenweise zugleich neu trassierte, musste die Antonius-Säule ihren Standort
wechseln.4)
Damals ahnte der Heilige nicht, dass noch
schlimmere Zeiten bevorstanden. Nach 1945 war das Standbild mit Steinen beworfen
worden, der Statue und dem Christuskind der Kopf abgeschlagen. Jahrelang beklagten
die vorübergehenden Wanderer diesen erbärmlichen Zustand des Denkmals. Erst
nach der Wende war es möglich, die beschädigte Statue zu renovieren.5)
So konnte ab 1995 die vorzüglich restaurierte Bildsäule von vielen Wanderern
und Heimatfreunden bewundert und fotografiert werden. Sie zog die Aufmerksamkeit
der weiten Öffentlichkeit auf sich, und das hatte auch seine Schattenseiten.
Am 14. November 1998 wurde die nahezu dreihundert Jahre alte Statue von Jan
P. aus Schluckenau und seinen Kumpanen entwendet und nach Sachsen verkauft.
Der Dieb wurde von der Polizei zwar gefasst, der Heilige war jedoch nicht mehr
auffindbar.6) Die runde Säule stand
bis 2002 leer da, als wäre sie zum Pranger unserer Konsumgesellschaft geworden,
wo alles, was frei und ohne Bewachung herumsteht, zu Geld gemacht wird.
Wunder geschehen aber auch heutzutage. Im
Februar 2002 erschien unverhofft eine neue Statue auf der Säule.7)
Sie trägt ein neues Gewand und blickt wieder auf die vorübergehenden Wanderer
herab. Der hl. Antonius gilt als Nothelfer und Beschützer der Reisenden. In
unserer auf den Kopf gestellten Zeit wurde er selbst Opfer eines Raubüberfalles.
Zum Glück fand sich ein opferwilliger Mensch, der ihm half. Ist es denn nicht
so, dass wir uns gegenseitig brauchen und dass ohne die Nächstenliebe auch ein
Heiliger machtlos wäre?
Anmerkungen und Literatur
- Mündliche Mitteilung von Hans Zimmer (gebürtig aus der Nieder- oder Zimmermühle in Hemmehübel) an R. Marschner im Jahre 1992.
- A. Koch: Zeidler und Hemmehübel, Landkarte 1:5000, Apolda 1975.
- J. Wäber: Touristenkarte von Zeidler und Umgebung, 1:20 000, Verlag der Abteilung Zeidler des Gebirgsvereins f. d. n. B., um 1901.
- Vom ursprünglichen Standort der Bildsäule vor 1927 existiert eine Aufnahme beim Verfasser dieses Berichtes.
- In den Jahren 1993 - 1995 wurde sie in Tetschen-Bodenbach in der Werkstatt von Jan Pokorný für 9 000 Kronen restauriert.
- Der Täter sagte aus, das Geld verbraucht und die Statue an einen Hehler gegeben zu haben, der die in der Gegend von Sebnitz verkauft hat. Der Schaden wurde von der Polizei mit 80 000 Kronen angegeben.
- Sie wurde vom Volkskünstler Svoboda geschaffen.